3,5 Millionen Tonnen Müll täglich - keine Trendwende in Sicht
London (dpa) - Jeden Tag produziert die Weltbevölkerung nach Schätzungen rund 3,5 Millionen Tonnen Müll. Wenn sich am Verhalten der Menschen nichts ändert, werden es im Jahr 2100 täglich mehr als 11 Millionen Tonnen feste Abfälle sein, schreiben Forscher um Daniel Hoornweg im Fachjournal „Nature“.
Der Anstieg bei der Müllproduktion sei höher als der bei anderen umweltschädigenden Faktoren, Treibhausgase eingeschlossen, heißt es in dem Kommentar. Auf einigen Müllhalden etwa in China, Korea, Brasilien und Mexiko landeten mehr als 10 000 Tonnen Abfälle - täglich.
Schon jetzt seien die Auswirkungen auf den Planeten immens, wie etwa die gewaltigen Müllstrudel in den Ozeanen zeigten, warnen die Forscher. „Und wir sind auf dem Weg, die Mengen mehr als zu verdreifachen.“ Mögliche Ansatzpunkte für eine Trendwende seien gebremstes Bevölkerungswachstum, verbessertes Ressourcenmanagement der Städte und technologische Fortschritte etwa für leichtere Verpackungen. „Der Gewinn für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft wäre enorm.“
Derzeit produzieren die Industrieländer in Europa und Nordamerika den meisten Müll. Hier erwarten die Experten den Höchststand der täglichen Müllmenge um das Jahr 2050. Aufgrund von geringem Bevölkerungswachstum und der technologischen Entwicklung werde sich die Menge anschließend langsam verringern. In einzelnen Städten könne dies schon früher geschehen: So habe sich die Stadt San Francisco in Kalifornien (USA) das Ziel gesetzt, bis 2020 den Abfall auf Null zu reduzieren. Derzeit werden 55 Prozent aller Abfälle recycelt oder wiederverwendet, heißt es in „Nature“.
Generell sei Müll vor allem ein Problem urbaner Regionen. Ein Städter verursache doppelt bis viermal so viel Müll wie ein Landbewohner - und die Verstädterung nehme weltweit zu, schreibt das Team um Daniel Hoornweg. Er ist Professor für Energiesysteme an der Universität von Ontario (Kanada) und Mitverfasser eines Weltbank-Berichts von 2012 zum Thema Abfall. Für das Jahr 2025 seien täglich mehr als sechs Millionen Tonnen festen Mülls zu erwarten - genug, um eine 5000 Kilometer lange Reihe von Müllautos zu befüllen.
Besonders stark wachse das Müllaufkommen immer dort, wo das Wirtschaftswachstum hoch sei - derzeit etwa in Ostasien, vor allem in China. Prognosen zufolge werde die südasiatische Wirtschaft, besonders die indische, um das Jahr 2025 stärker wachsen. Für die afrikanischen Staaten südlich der Sahara werde das für 2050 erwartet. Die Entwicklung in Afrika sei entscheidend dafür, wie hoch der Gipfel der weltweiten Müllerzeugung ausfallen wird und wann er erreicht wird, schreiben die Wissenschaftler.
Ein Positivbeispiel sei neben San Francisco die japanische Stadt Kawasaki, in der industrielle Prozesse so verbessert worden seien, dass 565 000 Tonnen Müll pro Jahr vermieden werden. Überhaupt könne Japan ein Vorbild beim Umgang mit Müll sein, schreiben die Autoren. Der durchschnittliche Japaner verursacht demnach ein Drittel weniger Müll als der durchschnittliche Amerikaner - bei ähnlich hohem Bruttoinlandsprodukt. Hoornweg und Kollegen führen das auf kulturelle Normen, aber auch eine dichtere Bevölkerung in den Städten und die hohen Preise für Importgüter zurück.