Vergessliche Doktorfische? Das echte Leben von Film-Fisch Dorie

Berlin (dpa) - Klein, tollpatschig und sehr vergesslich: So präsentiert das Kino die Paletten-Doktorfisch-Dame Dorie. In dem Animationsabenteurer „Findet Dorie“ schwimmt der kleine blaue Fisch nun auch in Deutschland über die Leinwände.

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Form und Farbe des prächtigen Meeresbewohners stimmen zwar mit dem Original überein, doch leiden Doktorfische im wahren Leben tatsächlich auch unter Amnesie? Und wie sieht das Leben der Dorie-Vorlage eigentlich in Wirklichkeit aus?

„Es gibt keine Hinweise, dass Paletten-Doktoren besonders vergesslich oder tollpatschig sind“, sagt Timo Moritz vom Deutschen Meeresmuseum in Stralsund. Im Gegenteil sogar: Da die Tiere eher in lockeren Trupps unterwegs sind, sei davon auszugehen, dass die Fische sich sehr gut orientieren können. Zu Schwärmen würden die Doktorfische eigentlich nur zwecks Fortpflanzung zusammenkommen.

Die bunten Salzwasserfische leben in Korallenriffen im Indopazifik. Genauer: im Bereich von Australien, Indonesien und Thailand bis fast nach Taiwan. „Dieses Korallendreieck ist die Meeresregion mit der größten Artenvielfalt“, berichtet der Meeresfisch-Experte.

Farbenfroh seien aber nicht nur Doktorfisch-Damen, sondern generell alle Korallenfische. „Sie leben in stark lichtdurchfluteten Bereichen und wollen der Umwelt mit ihrer Farbe eine klare Artenzugehörigkeit mitteilen“, sagt Moritz. So ein Doktorfisch könne grundsätzlich bis zu 20 Jahre alt und 30 Zentimeter groß werden.

Die Fische ernähren sich von Algen oder Zooplankton, also kleinen Krebsen, die im Wasser frei schweben. Seinen Namen habe der Doktorfisch wegen der scharfen Schuppe am Schwanzstiel, mit der er sich verteidigen könne. „Die ist so scharf, dass man gesagt hat, die ist wie ein Skalpell - und das haben auch Doktoren“, erklärt Moritz.

Zu den Feinden der blau-gelben Meeresbewohner gehörten unter anderem Haie und Thunfische - aber auch der Mensch. Denn weil die Zucht des Paletten-Doktorfisches kaum möglich ist, werden die Tiere für den Heimtierhandel wild gefangen - und zwar mit Gift.

„Giftfischerei ist eigentlich verboten, sie ist aber die übliche Fangmethode“, sagt Henriette Mackensen vom Deutschen Tierschutzbund. Um sie leichter zwischen den Korallen zu fangen, betäube man die Tiere mit Cyanid. Weil die Dosis häufig aber zu hoch sei, würden zahlreiche Fische beim Fang sterben. „Beim Handel mit Wildfängen sind die Mortalitätsraten grundsätzlich am höchsten“, berichtet die Expertin. Wie viele Paletten-Doktorfische dabei tatsächlich verenden, könne man nur schwer sagen.

„Eine Studie besagt, dass circa die Hälfte im Herkunftsland stirbt, 30 Prozent während des Transports und 20 Prozent pro Woche im Zoofachgeschäft“, sagt Mackensen. Ob das so hinkomme, sei schwer nachzuvollziehen. Grundsätzlich gelte: „Die Lage der Tiere ist bedrohlich.“

Und es könnte noch schlimmer werden: Zahlreiche Experten befürchten, dass der Film „Findet Dorie“ die Nachfrage nach Paletten-Doktorfischen ankurbeln könnte. So war es zumindest bei Clownfischen nach dem Vorläuferfilm „Findet Nemo“.

Die Dorie-Fische gibt es schon ab rund 50 Euro. Der Deutsche Tierschutzbund wie auch der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) raten auf ihren Internetseiten von einem unüberlegten Kauf der „Dorie“-Fische ab. „Für die Haltung von Paletten-Doktorfischen ist mindestens ein zwei Meter langes Aquarium mit 1000 Liter Fassungsvermögen nötig“, sagt ZZF-Vorstandsmitglied und Aquaristik-Experte Bernd Silbermann.

Zur Haltung von Salzwasserfischen brauche man zudem eine komplexe Technik. „Die Anschaffung würde insgesamt zwischen 3000 und 6000 Euro kosten“, sagt Silbermann. Vielleicht zu viel für einige Fans des Unterwasserabenteuers.