Ein Gaga-Farn und die Bremse Beyoncé
Frankfurt/Main (dpa) - Ex-Präsident George Bush stand Pate für einen Käfer, nach dem Musiker Frank Zappa wurde eine Qualle benannt, der Komiker John Cleese bekam einen Affen ab und die Sängerin Beyoncé wird - wegen ihres Hinterteils - als Pferdebremse unsterblich.
In der Biologie zeichnet sich in den vergangenen Jahren ein kurios anmutender Trend ab: Immer häufiger werden neu entdeckte Arten nach Stars und Sternchen benannt.
Nicht immer ist das schmeichelhaft. Ein blutsaugender Parasit im Gedenken an Reggae-Musiker Bob Marley? Eine Spinne für Schauspieler Harrison Ford? Gefragt werden muss der prominente Namensgeber nicht, erklärt der Frankfurter Spinnenforscher Peter Jäger, der selbst Spinnen nach David Bowie, Loriot und einem halben Dutzend weiteren Prominenten benannt hat.
Bisher hätten alle überaus positiv reagiert, berichtet Jäger. Kabarettist Mathias Richling schickte Karten für die nächste Show, der Schauspieler Hannes Jaenicke kündigte an, Jäger nach Laos zu begleiten, um „seine“ Spinne mit eigenen Augen zu sehen. Aber darum, betont der Forscher, gehe es nicht - für ihn dient die Publicity-trächtige Namensgebung einem höheren Zweck.
„Es geht um die Message, dass die Artenvielfalt gefährdet ist“, sagt Jäger. „Ich finde es gut, dass die Wissenschaft ein bisschen aus ihrem Elfenbeinturm herauskommt.“ Normalerweise lesen eine Handvoll Wissenschaftler die Listen neu entdeckter Spinnenarten - rund 500 pro Jahr werden neu beschrieben und müssen von ihrem Entdecker benannt werden. Wenn die Spinne Udo Lindenberg oder Nina Hagen heißt, bekommt die Entdeckung eine ganz andere Reichweite.
Seit Carl von Linné die Regeln für die Taxonomie erfand ist der Entdecker frei in der Namensgebung. Sie muss nur einem bestimmten Schema folgen: Erst kommt die (groß geschrieben) Gattung, dann die (klein geschriebene) Art. So heißt eine nach dem Politiker Michail Gorbatschow benannte bolivianische Orchidee Maxillaria gorbatschowii.
Denn nicht nur Tiere werden nach Promis benannt, auch Pflanzen. Rosen sind ein Klassiker - kaum ein bekannter Name, der nicht als Rose verewigt wurde. Allerdings sind das meist nicht neue Arten, sondern nur Sorten. Wer etwas auf sich hält, muss schon einer ganzen Pflanzengattung seinen Namen geben.
Diese Ehre wurde im vergangenen Oktober Popstar Lady Gaga zuteil. US-Wissenschaftler benannten eine neu entdeckte Farn-Gattung mit 19 verschiedenen Arten nach ihr. Die Wissenschaftler der Duke-Universität (North Carolina) haben erstaunliche Ähnlichkeiten zwischen den Farnen und der Sängerin festgestellt: „In einer bestimmten Lebensphase hat die Gattung eine recht unbestimmte Geschlechtsdefinition und sieht sehr ähnlich aus wie eins von Gagas berühmten Kostümen. Außerdem steht das Wort GAGA in ihrer DNA-Sequenz“, erklärten sie der „New York Times“.
Auch Privatpersonen können sich selbst oder Freunde und Verwandte auf diese Weise unsterblich machen. Beim Verein „Biopat“ kann man gegen eine Spende von mindestens 2600 Euro einen Art-Namen nach Wunsch auswählen. Orchideen sind dafür besonders beliebt, ebenso wie Schmetterlinge, Frösche und Käfer. Das Geld komme Umweltschutzprojekten im Herkunftsland der neuen Art oder der Wissenschaft zugute, sagt Claus Bätke von der federführenden Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Eschborn. Seit Gründung 1999 wurden 135 Patenschaften vermittelt.
Firmen sind ebenfalls in der Liste zu finden, zum Beispiel ein Hersteller vom Höhlenlampen. Mit der kann Peter Jäger dann wieder neue Spinnen-Arten in Asien entdecken. Welche Prominente er mit seinen nächsten Entdeckungen verewigt, das steht nicht vorher fest. Er lasse sich immer von dem Aussehen der Tierchen inspirieren, erzählt der Forscher. Die Spinne Octacilia loriot zum Beispiel falle besonders dadurch auf, dass sie äußerlich überhaupt nicht auffalle, ebenso wie der 2011 gestorbene Komiker.