EU-Forschungsprojekt zur CO2-Lagerung beginnt
Kiel (dpa) - „ECO2“ ist ein europäisches Wissenschaftsprojekt mit globaler Dimension - in einem politischen und wirtschaftlichen Minenfeld: Unter der Leitung von Kieler Forschern soll geklärt werden, ob das Verpressen des „Klimakillers“ CO2 unterm Meeresboden vertretbar ist.
Das Forschungsprojekt unter deutscher Leitung nimmt jetzt seine praktische Arbeit auf. „Wir bekommen Druck von allen Seiten, aus dem grünen Lager ebenso wie aus der Industrie“, sagte Projektleiter Prof. Klaus Wallmann, Geowissenschaftler am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-Geomar), am Freitag in Kiel. Angesichts der Förderung durch die EU und anderer öffentlicher Mittel seien die Forscher aber unabhängig.
Am 28. Mai wird eine erste von 20 geplanten Schiffsexpeditionen in Kiel starten. Erste Ziele sind eine Nordseeregion vor der ostfriesischen Insel Juist, wo natürliche C02-Lager existieren, und die Küste Norwegens, wo zwei Offshore-Speicher betrieben werden.
Hintergrund ist der Schutz des Weltklimas. Um einen höheren Temperaturanstieg als zwei Grad zu vermeiden, soll das in Kohle- oder Erdgaskraftwerken anfallende CO2 abgeschieden und mit Schiffen oder per Pipeline als Flüssigkeit transportiert und unter der Erde verpresst werden - an Land oder im Meeresboden. In den USA und Norwegen seit etwa 10 beziehungsweise 15 Jahren, aber auch in China werde das CCS-Verfahren (Carbon Dioxide Capture and Storage) erprobt.
Die EU unterstützt mit einer Milliarde Euro die Umsetzung von sechs CCS-Demonstrationsprojekten. Bei drei der Vorhaben soll das CO2 im Meeresboden gespeichert werden. Zudem wird ab 2015 vor Schottland Kohlendioxid aus einem Kohlekraftwerk in einer ausgeförderten Erdöl-Lagerstätte gespeichert werden.
Gegner - insbesondere Umweltverbände und Bürgerinitiativen, aber auch die schleswig-holsteinische Landesregierung - lehnen CCS ab und warnen vor ungeklärten Risiken. Die Bundesregierung räumt den Ländern ein Vetorecht für Gebiete einschließlich der 12-Meilen-Zone vor der Küste ein. Jenseits dieser Zone seewärts hält sich Berlin die Option der unterirdischen CO2-Speicherung aber offen.
Wallmann betonte, dass es bisher keine systematische Erforschung der Speicherung von CO2 im Meeresboden gebe. Am Ende des vierjährigen Projekts könnte auch der Schluss gezogen werden, dass die Speicherung im Meeresboden nicht vertretbar sei, falls das Risiko von Leckagen und deren Auswirkungen auf das Ökosystem zu groß sein sollten. Allerdings vermute er, dass es am Ende darum gehen werde, für Speicher Grenzwerte festzulegen, wie viel CO2 entweichen dürfe. Ein diskutierter Wert seien 0,1 Prozent der verpressten Menge.
Zur Vorbereitung trafen sich am Mittwoch und Donnerstag in Kiel rund 70 von 100 beteiligten Wissenschaftlern zu einem Seminar.