Experten beklagen Lieferengpass bei wichtigem Krebsmedikament

Berlin (dpa) - Lieferengpässe bei einem wichtigen Krebsmedikament gefährden derzeit die Versorgung von Patienten. In Deutschland fehle das Chemotherapeutikum Melphalan, das unter anderem gegen das Multiple Myelom genutzt wird, eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks.

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Der Mangel könne zu vermeidbaren Todesfällen führen, sagte der Ravensburger Krebsspezialist Günther Wiedemann dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) warnte, der mitunter lebensrettende Eingriff müsse derzeit auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

Das Bundesgesundheitsministerium teilte in Berlin unter Berufung auf das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit, Melphalan werde Ärzten und Patienten bald wieder zur Verfügung stehen. Das BfArM habe Kontakt zum Hersteller gesucht. Erste Lieferungen seien in der nächsten Woche möglich, sagte eine Ministeriumssprecherin der Deutschen Presse-Agentur.

Da Melphalan aus den 1950er Jahren stammt, ist der Patentschutz abgelaufen. Ein Behandlungszyklus kostet dem „Spiegel“-Bericht zufolge weniger als 2000 Euro, daher lohne die Herstellung kaum. Wegen des Lieferengpasses verlangen die wenigen Großhändler, die noch Vorräte haben, demnach teilweise mehr als das 25-fache des normalen Preises. 2014 wurden bundesweit rund 350 000 definierte Tagesdosen benötigt.

Melphalan ist nur eines von vielen Medikamenten, die von Lieferengpässen bedroht sind, da der Patentschutz abgelaufen ist. Der Gesetzgeber müsse Maßnahmen entwickeln, um die Verfügbarkeit von Arzneimitteln sicherzustellen, forderte die AkdÄ in einer Mitteilung mit dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA).

Beide Organisationen beklagen, sie hätten in der Vergangenheit wiederholt auf die Problematik hingewiesen. „Das Beispiel Melphalan zeigt erneut, dass es ohne weitere rechtliche Regelungen nicht möglich ist, solche Engpässe in der Arzneimittelversorgung zukünftig zu vermeiden.“

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte einen Runden Tisch mit Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums, des BfArM und der Pharmaindustrie, um solche Engpässe künftig frühzeitig auszuschließen. „Sonst laufen wir auch künftig immer nur hinterher“, sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa.