Forscher finden weitere Hinweise auf Krebsstammzellen
Brüssel/Dallas/Utrecht (dpa) - Auf der Suche nach den Ursachen von Krebs werden seit einigen Jahren Krebsstammzellen als mögliche Auslöser gehandelt. Drei Forschergruppen veröffentlichen nun Ergebnisse aus Versuchen an Mäusen mit verschiedenen Tumoren, die diese These untermauern sollen.
Gleich drei Forscherteams haben bei Versuchsmäusen Hinweise auf Krebsstammzellen als Auslöser von Tumoren entdeckt. So sorgten derartige Zellen etwa für ein Wiederauftreten eines Hirntumors, nachdem dieser mit einem Krebsmittel behandelt worden war. Zwei der Studien sind im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht, eine in „Science“. Die Autoren sehen in ihren Ergebnissen Belege dafür, dass Krebsstammzellen existieren könnten.
Ein Rückfall nach einer zunächst erfolgreichen Behandlung ist ein gängiges Problem in der Krebstherapie. Seit einigen Jahren wird die Existenz von Krebsstammzellen in der Forscherwelt als eine Ursache gehandelt. Sie könnten womöglich Chemo- und Strahlentherapien überleben, im Körper verbleiben und aus bislang ungekannten Gründen wieder aktiv werden - so die Hypothese. Sie gelten auch als mögliches Angriffsziel für neue Therapien.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass in den Organen des Menschen Stammzellen schlummern, die den Körper bei der Regeneration helfen und Nachschub an gesunden Zellen liefern. Sie gelten als unbegrenzt teilungsfähig. Die Überlegung: Krebsstammzellen könnten diese Eigenschaften auch besitzen, und als „böse Geschwister“ Tumorzellen liefern. „Nun gibt es jedoch eine Kontroverse: Handelt es sich bei den möglichen Krebsstammzellen um entartete Stammzellen, oder um normale Körperzellen, die durch Mutationen wieder Stammzelleigenschaften erlangt haben?“, erläuterte Martin Sprick vom HI-STEM Institut im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Auch dort suchen die Forscher nach Tumorstammzellen.
Hinweise auf Krebsstammzellen gibt es unter anderem bei bestimmten Darm-, Haut-, Prostata- und Hirntumoren, Leukämien und Brustkrebs. Bislang wurden sie vor allem durch die Transplantation menschlicher Tumorzellen in Mäuse identifiziert: Bildete sich bei den Tieren ein Krebsgeschwür, das dem des Menschen ähnelte, so gingen die Forscher davon aus, Kandidaten für Krebsstammzellen identifiziert zu haben. Weil die Mäuse ein stark beeinträchtigtes Immunsystem hatten, könnten die Ergebnisse allerdings beeinflusst worden sein, erläutert Sprick einen Kritikpunkt an diesem Verfahren. „Das Neue an den aktuellen Publikationen ist, dass sie sich auf Tumoren beziehen, die durch genetische Manipulation bei Mäusen mit intaktem Immunsystem entstanden sind.“
Luis Parada und Kollegen (University of Texas) untersuchten genveränderte Mäuse mit Glioblastomen des Gehirns und verabreichten ihnen ein Zytostatikum. Sie fanden nach ihrem Bericht in „Nature“ eine Untergruppe von Zellen, die für ein erneutes Tumorwachstum verantwortlich sein soll und Eigenschaften besitzt, die Krebsstammzellen zugeschrieben werden. In Belgien machte Cédric Blanpains Gruppe Versuche mit Mäusen mit Hauttumoren. Auch die Forscher der Université Libre de Bruxelles (Brüssel) beobachteten eine hartnäckige Untergruppe von Tumorzellen mit Stammzellmerkmalen und berichten darüber in „Nature“.
Ein holländisches Team vom Hubrecht Institut in Utrecht wiederum befasst sich seit Jahren mit der Entstehung von Adenomen im Darm, einer Vorstufe von Darmkrebs. Dabei untersucht es Merkmale von Stammzellen in der Schleimhaut des Verdauungssystems. Die Gruppe um Hugo Snippert beschreibt im Fachjournal „Science“ nun, dass ein Merkmal sowohl bei den normalen Darmstammzellen als auch bei Zellen vorkommt, die das Wachstum der Adenome ankurbeln.
„Das Krebsstammzellkonzept kam erst vor circa zehn Jahren auf. Noch wissen wir nicht, ob es tatsächlich für alle Krebsarten zutrifft“, sagt Sprick. „Wir haben jedoch mittlerweile wissenschaftliche Ergebnisse, die darauf hinweisen: Es gibt diese tumorinitiierenden Zellen bei vielen Krebsarten.“