Forscher lösen Rätsel um Dinosaurier mit riesigen Pranken
Daejeon (dpa) - Das Rätsel um eine der mysteriösesten Dinosaurierarten weltweit ist gelöst: Ein internationales Forscherteam stellt im Fachblatt „Nature“ die Analyse zweier nahezu vollständiger Skelette von Deinocheirus mirificus vor.
Die Art galt in der Paläontologie bislang als rätselhaft, da die einzigen bekannten Funde zwei riesige Arme mit Pranken und wenige andere Knochen waren, die 1965 in der Mongolei entdeckt wurden. Die Länge der Vordergliedmaßen beträgt 2,4 Meter. Die Forscher um Yuong-Nam Lee vom südkoreanischen Institut für Geowissenschaft und Geologie in Daejeon datierten die neuen Knochenfunde auf ein Alter von 69 bis 76 Millionen Jahren.
Die Paläontologen setzten die Deinocheirus-Skelette nun aus neuen Funden, die im Rahmen der „Koreanisch-Mongolischen Internationalen Dinosaurier Expedition“ 2006 und 2009 in der Mongolei entdeckt wurden, sowie dem Schädel und einer Vordergliedmaße zusammen, die von Laien ausgegraben und von einem Privatsammler gekauft worden waren.
Den Wissenschaftlern zufolge war Deinocheirus das größte Mitglied der Ornithomimosauria - übersetzt: der Vögel nachahmenden Echsen. So wies einer der gefundenen Dinosaurier eine Körperlänge von elf Metern und ein Gewicht von über 6000 Kilogramm auf. Ornithomimosauria werden aufgrund ihres Körperbaus und ihrer vermuteten Lebensweise häufig mit Laufvögeln wie dem Strauß verglichen. Im Gegensatz zu diesen lassen die breiten Hüften und großen Füße von Deinocheirus allerdings darauf schließen, dass dieser sich eher langsam bewegte. In einer Video-Simulation zum Artikel ist ein schwerfälliger Saurier zu sehen, der mit einem massigen Körper auf kräftigen Beinen geht.
Die Analyse der gefundenen Knochen ergab weitere einzigartige Merkmale, die bei anderen Ornithomimosauria nicht beobachtet wurden: So hatte Deinocheirus mirificus wohl eine verlängerte, zahnlose Schnauze, die entfernt einem Entenschnabel ähnelt, und einen buckeligen Rücken. Das Forscherteam vermutet, dass der Saurier damit gut an Lebensräume in der Nähe von Flüssen angepasst war. Seine Schnauze könnte bei der Futtersuche am Grund von Wasserläufen behilflich gewesen sein, während plumpe, abgeflachte Knochen unter den Klauen vor einem Einsinken auf nassem Boden bewahrten.
Die Forscher fanden zudem Fisch-Überreste im vermutlichen Mageninhalt, aber auch Charakteristika, die mit Pflanzenfressern übereinstimmen. Daher wird davon ausgegangen, dass Deinocheirus ein Allesfresser war.
Die analysierten Überreste stammen aus der Nemegt Formation in der Wüste Gobi in der Mongolei. Hier habe Deinocheirus mirificus wahrscheinlich in einem Ökosystem mit zahlreichen gigantischen Wettbewerbern gelebt, so etwa den langhalsigen pflanzenfressenden Therizinosaurus aus der Gruppe der Theropoda oder den noch größeren Sauropoden, vermutet Thomas Holtz in einem unabhängigen Kommentar des Artikels. „Die umfassendere Ernährungsweise des Deinocheirus könnte ihm erlaubt haben, auf Ressourcen zuzugreifen, welche die anderen großen Pflanzenfresser nicht nutzen konnten“, so der Paläontologe von der Universität Maryland.
Für Holtz führt die Analyse von Lee und seinen Kollegen zu dem Schluss, dass es in der späten Kreidezeit drei getrennte Linien von nicht-fleischfressenden Theropoda (Ornithomimosaurier, Therizinosaurier und kurzschnabeligen, vogelähnlichen Oviraptorosaurier) gegeben habe, „die unabhängig voneinander ihre maximale Größe in Ost- und Zentralasien erreichten“.