Hormon-Doppelpack als Ansatz gegen Diabetes
München (dpa) - Mit einer Kombination von zwei körpereigenen Hormonen könnten sich einige Diabetiker effektiver behandeln lassen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team um Matthias Tschöp, Leiter des Instituts für Diabetes und Adipositas am Helmholtz Zentrum München.
Das entwickelte Peptid habe eine verstärkte Insulinausschüttung zur Folge, der Blutzuckerspiegel werde gesenkt, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science Translational Medicine“. Ein möglicher Zusatzeffekt sei, dass der Wirkstoff für ein größeres Sättigungsgefühl sorge und zum Abnehmen beitrage.
An Mäusen, Ratten und Affen sei das Peptid bereits erfolgreich getestet worden, nun hab eine erste kleine Studie mit 53 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 gute Ergebnisse erbracht. Basis der Therapie bilden sogenannte Inkretine. Diese Darmhormone sind dafür verantwortlich, dass nach der Aufnahme von Zucker vermehrt Insulin freigesetzt wird. Bedeutsam sind vor allem die Inkretine GLP-1 und GIP.
Bisherige Diabetes-Medikamente zielten vor allem auf das Hormon GLP-1 ab, schreiben die Forscher. Mit dem neuen Wirkstoff werde auch das Potenzial von GIP genutzt. Das Peptid hat strukturelle Gemeinsamkeiten mit beiden Hormonen und dockt daher an den Bindestellen, den sogenannten Rezeptoren, für beide Botenstoffe an.
„Von der Kombination erhoffen wir uns mehr Effektivität bei der Behandlung von Diabetes und eventuell auch bei Übergewicht“, sagte Tschöp. „Wir glauben aber, dass es kein einzelnes Medikament geben wird, das bei allen Diabetikern optimal wirkt. Deswegen arbeiten wir an einer Reihe von maßgeschneiderten Kombinationen für eine personalisierte Vorbeugung und Therapie des Diabetes.“
In einer Studie zusammen mit Forschern um Richard DiMarchi von der Indiana University in Bloomington (USA) wurde 53 übergewichtigen Typ-2-Diabetikern das Mittel sechs Wochen lang gespritzt. Verglichen mit einer unbehandelten Kontrollgruppe schütteten sie mehr Insulin aus und hatten bessere Blutzuckerwerte. Zwar sei manchen Probanden übel geworden, die Nebenwirkung sei aber schwächer ausgefallen als bei bisherigen auf Darmhormonen basierenden Medikamenten, schreiben die Forscher. Auch ein Gewichtsverlust sei registriert worden, die Studiendauer von sechs Wochen sei aber zu kurz für gesicherte Aussagen dazu.
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) sieht die Ergebnisse als interessanten neuen Ansatz. Es seien aber weitere Studien nötig, sagte der DDG-Sprecher Andreas Fritsche. „In Zukunft muss, wie bei jedem neuen Medikament, geprüft werden, ob das Neue den Etablierten überlegen ist und idealerweise auch weniger Nebenwirkungen hat.“