In sechs Stunden zur ISS: Raumfahrer mit Rekordflug
Koroljow (dpa) - Historischer Flug ins All: In der Rekordzeit von knapp sechs Stunden haben drei Männer die Internationale Raumstation ISS erreicht. Bislang waren dafür zwei Tage nötig.
Die russischen Kosmonauten Pawel Winogradow und Alexander Missurkin sowie der US-Astronaut Chris Cassidy wurden in etwa 410 Kilometern Höhe begeistert von der bisherigen Besatzung begrüßt. Chris Hadfield (Kanada), Thomas Marshburn (USA) und Roman Romanenko (Russland) hatten dort die letzten Wochen zu dritt gearbeitet.
„Die Luken sind geöffnet“, teilte die russische Raumfahrtagentur Roskosmos am Freitagmorgen mit. Die „Neuzugänge“ schwebten dank der Schwerelosigkeit in die Raumstation und umarmten ihre Kollegen. Dann sprach die Besatzung über eine Videoleitung mit Familienmitgliedern und Raumfahrt-Offiziellen am Boden.
Kurz zuvor hatte die Sojus-Kapsel am Außenposten der Menschheit angedockt. Das russische Staatsfernsehen übertrug das Manöver live. „Das Ankoppeln erfolgte komplett automatisch“, hieß es. Russland ist seit dem Aus der US-Space-Shuttles im Juli 2011 das einzige Land, das Menschen ins All und wieder zurück transportieren kann.
Für den „Expressflug“ brauchte die Sojus fünf Stunden und 46 Minuten - zwei Minuten weniger als geplant. Zuvor war die Kapsel mit einer gleichnamigen Trägerrakete vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan gestartet. Sojus TMA-08M flog auf direktem Kurs zur ISS - nur vier Erdumrundungen waren nötig statt der bisherigen 30.
Das neue kurze Schema ist möglich, da der digitale Bordcomputer nun unabhängig vom Flugleitzentrum in Koroljow bei Moskau arbeitet. Ständiger Funkkontakt mit der Bodenstation ist damit nicht mehr nötig. Der Schnellflug war seit August 2012 mit drei verschiedenen unbemannten Raumfrachtern getestet worden.
„Wir werden sicherlich einen weiteren Flug nach dem schnellen Schema durchführen“, sagte Roskosmos-Chef Wladimir Popowkin der Agentur Itar-Tass zufolge. „Danach werden wir genau alle biologischen Faktoren der Crew prüfen und dann entscheiden, ob der Schnellflug zum Standard wird.“
Während ihres gut fünfmonatigen Aufenthaltes auf der ISS bis September stehen für die Raumfahrer unter anderem mehrere Ausstiege ins All sowie gut 40 Experimente auf dem Programm. Alle drei „Neulinge“ haben bereits Weltraumerfahrung.
Winogradow, der am 31. August auf der ISS seinen 60. Geburtstag feiert, ist der älteste Russe im All. Weltrekordhalter ist der Astronaut John Glenn, der 1962 als erster US-Amerikaner die Erde umkreiste und 1998 mit 77 Jahren noch einmal ins All flog.
Bis zum Mai arbeitet die ISS-Crew in sechsköpfiger Sollstärke. Dann sollen Hadfield, der erste kanadische Kommandant der Raumstation, Marshburn und Romanenko zur Erde zurückkehren. Bald darauf startet die nächste Expedition, zu der auch der Italiener Luca Parmitano von der Europäischen Weltraumorganisation Esa gehören soll.