Kinder von Arbeitslosen sind kleiner
Tübingen (dpa) - Arbeitslose haben einer Analyse der Universität Tübingen zufolge in der Regel kleinere Kinder.
Der Wirtschaftshistoriker Jörg Baten hatte in Zusammenarbeit mit dem Landesgesundheitsamt Brandenburg die Daten von mehr als 250 000 Kindern aus dem ostdeutschen Bundesland ausgewertet. Ergebnis: Erstklässler, deren Vater oder Mutter keinen Job haben, sind im Schnitt 1,5 Zentimeter kleiner als ihre Altersgenossen.
„Es ist erstaunlich, dass sich die Arbeitslosigkeit in eigentlich gut ernährten und sozial abgefederten Staaten so deutlich auswirkt“, sagte Baten am Dienstag. Der Tübinger Professor vermutet, dass weniger das geringere Einkommen eine Rolle spielt, als vielmehr psychischer Stress und die Frustration arbeitsloser Eltern. Diese Faktoren könnten dazu führen, dass die Kinder vernachlässigt würden. In Westdeutschland dürfte die Entwicklung ähnlich sein, sagte Baten.
Ein weiterer Faktor, der die Größe der Kinder beeinflusst, ist der Studie zufolge das Bildungsniveau insbesondere der Mutter. Nach wie vor kümmere sich vor allem die Mutter um die Ernährung und Versorgung des Nachwuchses. Erstklässler, deren Mütter keinen Realschulabschluss haben, sind demnach im Schnitt elf Millimeter kleiner als der Nachwuchs von Frauen mit Abitur. Grundsätzlich legten gebildetere Eltern mehr Wert auf eine gesunde Ernährung und medizinische Versorgung ihrer Kinder; der Nachwuchs entwickle sich daher besser und werde im Schnitt größer.
Kinder von Alleinerziehenden sind der Untersuchung zufolge nicht kleiner als der Nachwuchs, der bei Mutter und Vater aufwächst. Positiv auf die Größe wirkt sich hingegen aus, wenn drei oder mehr Erwachsene im Haushalt leben, wenn sich also beispielsweise auch die Großeltern um den Nachwuchs kümmern. Eine geringe Körpergröße bedeute im Einzelfall aber nicht unbedingt, dass die Eltern arbeitslos oder schlechter gebildet seien, betonte Baten. Genetische Faktoren spielten natürlich eine große Rolle. Der Forscher sieht in der Körpergröße von Kindern aber einen Indikator für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung einer Region.
Berücksichtigt wurde für die Studie die Größe von Kindern in den Jahren 1994 bis 2006. Die Daten wurden jeweils im Zuge der Einschulung von Erstklässlern in Brandenburg erhoben. Dabei wurden neben Größe, Alter und Geschlecht auch sozioökonomische Daten wie der berufliche Status der Eltern, deren Ausbildungsniveau sowie die Anzahl der Kinder und Erwachsenen im Haushalt erfasst.