Krabbe statt Scholle Klimawandel beeinflusst wichtige Nordsee-„Kita“
Frankfurt/Wilhelmshaven (dpa) - Der Klimawandel macht sich nach Daten von Forschern in der Tierwelt des Wattenmeeres bereits deutlich bemerkbar.
Klassische Nordseearten wie Scholle und Kabeljau, die es kälter mögen, seien seltener geworden, berichtet das Team um Ingrid Kröncke von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Wilhelmshaven. Im Gegenzug seien Seezungen, Strandkrabben und Schwimmkrabben hinzugekommen, die wärmere Temperaturen bevorzugen.
Die Meeresbiologen hatten die Arten-Zusammensetzung im Jadebusen, einer mehr als 160 Quadratkilometer umfassenden Nordsee-Meeresbucht, untersucht. Sie gilt als Kinderstube für viele kommerziell genutzte Fischarten. Für die im Fachjournal „Estuarine, Coastal and Shelf Science“ vorgestellte Langzeituntersuchung wurden Daten zum Tierbestand aus den Jahren 1972 bis 2014 berücksichtigt.
Bei den „Aufsteigern“ handle es sich nicht um eingeschleppte Spezies, sagte Kröncke. „Das sind alles einheimische Arten.“ Der Anstieg der Nordseetemperatur habe die kälteliebenden Tiere weiter nordwärts ziehen lassen, andere seien nachgerückt. „Unsere Daten zeigen, dass sich die Artenzusammensetzung in den Jahren 1988 und 2001 veränderte. Dies ist durch den globalen Klimawandel und die damit verbundene Erhöhung der Wassertemperatur bedingt“, erklärte Kröncke.
Wahrscheinlich sei, dass der Wandel sich weiter fortsetze; wie schnell es vielleicht auch den Krabben zu warm im Wattenmeer sei, lasse sich aber nicht vorhersagen. „Deshalb brauchen wir eine Langzeitbeobachtung.“
Die Artenzusammensetzung im Jadebusen hat nicht nur Auswirkungen auf das Wattenmeer, sondern die gesamte Nordsee. Bislang galt der Jadebusen als wichtige „Kinderstube“ von Fischarten wie Kabeljau und Scholle. Für die Fischer vor Wilhelmshaven wirke sich der Wandel ganz direkt aus: „Die Kabeljaubestände sind schon eingebrochen, und auch die Scholle wandert nach Norden aus.“ Nach Norden, das heißt im Fall des Kabeljau: vor Grönland. Strandkrabben seien beim heimischen Verbraucher weniger gefragt: „Die müssen dann eher nach China exportiert werden“, sagte Kröncke.