Komfort-WC für Rittersleut

Museum Burg Linn in Krefeld zeigt Funde von Archäologen. Alltag der Menschen in alter Zeit.

Krefeld. Von wegen Donnerbalken. Geradezu luxuriös ist die Toilette aus dem 12. Jahrhundert. Zumindest dieses Exemplar aus der ehemaligen mittelalterlichen Burganlage Haus Rath in Krefeld-Elfrath.

Über einen Fallschacht floss das Regenwasser vom Dach direkt in die Toilette — jeder Guss spülte die Hinterlassenschaften fort. Während man sich anderswo in einen Abort-Erker zurückzog, freuten sich die Ritter hier über ihr „Komfort-Klo mit Wasserspülung“. So nennt der Archäologe Christoph Reichmann das stille Örtchen aus Holz, das samt Fensterschacht für die Belüftung im Museum Burg Linn in Krefeld bewundert werden kann.

Für den Museums-Leiter ist es ein Höhepunkt der Sonderausstellung, die unter dem Titel „Neue Ergebnisse der Krefelder Stadtarchäologie“ bis zum 8. April in Krefeld-Linn zu sehen ist. Sämtliche Exponate — sie reichen von der vorrömischen Eisenzeit bis ins frühe 20. Jahrhundert — werden erstmals gezeigt.

Wie lebendig Geschichte vermittelt werden kann, erleben die Besucher gleich im ersten Raum. Hier informiert ein Film über das imposante Römer-Kastell Gelduba. Jörn Feustel hat ihn nach Rekonstruktionen produziert. Der 41-jährige Bauforscher aus Hannover visualisiert die spätrömische Architektur in 3D-Animation und lässt mit Statisten für fünf Minuten historisches Alltagsleben wieder auferstehen. 300 Reiter und 200 Fußsoldaten waren in Gellep im 4. Jahrhundert stationiert und sicherten die römische Grenze am Rhein.

Das Museum ist berühmt für die vollständig erhaltene Grabausstattung des fränkischen Fürsten Arpvar (frühes 6. Jahrhundert) inklusive goldenem Spangenhelm sowie Funde aus 6400 römischen und frühmittelalterlichen Gräbern. Als Prunkstück der Dauerausstellung gilt ein 1972 bei Baggerarbeiten am Rheinhafen geborgenes Schiffswrack aus dem späten 8. Jahrhundert.

„Die Bedeutung der damals ebenfalls gefundenen Knochen wurde nicht gleich erkannt“, erzählt Christoph Reichmann. Aktuelle Untersuchungen ergaben jetzt: Es handelt sich nicht wie vermutet um Küchenabfälle, sondern um Kadaver und Skelette aus dem 13. Jahrhundert. „Das deutet auf eine Hochwasserkatastrophe hin. Vermutlich die von 1279, als das alte Uerdingen unterging“, erklärt der Museumschef.

Der laut Reichmann wichtigste Fund wurde in einem Grubenhaus aus dem 5. Jahrhundert gefunden und ist nicht größer als ein 20-Cent-Stück. Die römische „Großmünze“ aus Bronze wurde zwischen 348 und 350 geprägt. „Sie ist durchlocht, denn sie wurde als Anhänger um den Hals getragen“, weiß Christoph Reichmann.

„Auf der Rückseite der Münze ist Kaiser Constans zu sehen, wie er eine kleine Barbarenfrau aus ihrer Hütte führt.“ Die Forschung bezieht das Bild auf den ersten Ansiedlungsvertrag, den Constans nach Kämpfen mit den Franken (341 bis 342) abgeschlossen hatte. „Ganz klar: Auch 100 Jahre später diente die Münze ihrem Träger als Urkunde“, sagt Reichmann.

Nahezu modern die Exponate aus einem Linner Haus des 17. Jahrhunderts. In dem verfüllten Brunnen kamen neben Töpfen und Ofenkachel zwei holländische Hohlpfannen zu Tage. Sie belegen, dass die Dachdeckerkunst bereits vor dem 30-jährigen Krieg auf der Höhe ihrer Zeit war. Auf dem Dachboden lagen die jüngsten Funde: Eine Flasche Ungeziefer-Mittel und eine lange Woll-Unterhose für den Winter.