Merkel: Politik braucht wissenschaftliche Beratung
Halle (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auf der Jahresversammlung der Nationalakademie Leopoldina die Rolle der Wissenschaft für die Politik hervorgehoben.
„Themen, in denen die Politik Beratung braucht, die gibt es zuhauf“ sagte sie am Freitag vor rund 500 Forschern in Halle. Die dreitägige Konferenz befasst sich mit dem Thema „Was ist Leben?“. Entscheidungen hingen oftmals nicht nur von der Wissenschaft ab, sagte Merkel. Sie sollten aber auch nicht konträr zur Wissenschaft erfolgen. „Das würde uns ärmer machen“, sagte die Bundeskanzlerin.
Als hoch entwickeltes Industrieland habe Deutschland auch den Anspruch, eine Wissenschaftsgesellschaft zu sein. Das deutsche Wissenschaftssystem gehöre zu den weltweit leistungsfähigsten. „Ich glaube, wir tun gut daran, dass es genau so bleibt.“ Die Politik brauche die Aufarbeitung komplizierter Sachverhalte und Fakten, um nicht vorschnell zu entscheiden. Zugleich mahnte Merkel einen sorgsamen Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen an, etwa zum menschlichen Erbgut.
Merkel würdigte die Arbeit der Leopoldina als „Stimme der Wissenschaft“ - auch für Deutschland im Ausland sowie für die Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen. Die Nationalakademie habe wichtige Empfehlungen wie die zur Präimplantationsdiagnostik (PID) abgegeben. „Auch wenn ich mich persönlich anders entschieden habe, hat die Empfehlung wesentlichen Einfluss auf die Beratungen im Bundestag gehabt“, sagte Merkel. Die Leopoldina hatte sich nach Angaben ihres Präsidenten Jörg Hacker für eine behutsame PID-Zulassung in Deutschland ausgesprochen.
Der Bundestag hatte im Juli beschlossen, die PID in bestimmten Fällen zu erlauben. Paare dürfen Embryonen nach einer künstlichen Befruchtung in Deutschland demnach auf bestimmte Krankheiten testen lassen. Hacker sagte, Deutschland brauche auf dem Weg zu einer Wissenschaftsrepublik nicht nur materielle Rahmenbedingungen. Nötig sei auch der gesetzgeberische Rahmen. „Wissenschaft braucht Freiheit, diese muss mit Augenmaß in großer Verantwortung wahrgenommen werden“, sagte der Mikrobiologe. Die Leopoldina war 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften ernannt worden. Ihr gehören rund 1400 gewählte Mitglieder an, darunter 30 Nobelpreisträger.