Miterfinder der Anti-Baby-Pille Djerassi gestorben

Wien/San Francisco (dpa) - Der Miterfinder der Anti-Baby-Pille, der Chemiker Carl Djerassi, ist tot. Der österreichisch-amerikanische Wissenschaftler starb im Alter von 91 Jahren in der Nacht zum Samstag in San Francisco (Kalifornien) an einem Krebsleiden.

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Das bestätigte das Museum Albertina in Djerassis Geburtsstadt Wien unter Berufung auf den Sohn des Wissenschaftlers. Der vielfach geehrte Chemiker hatte sich in den vergangenen Jahrzehnten auch als Schriftsteller, Bühnenautor und Kunstmäzen einen Namen gemacht.

Geboren wurde Djerassi am 29. Oktober 1923 in Wien. Der Sohn jüdischer Eltern flüchtete 1939 vor den Nationalsozialisten in die USA, wo er promovierte. Zusammen mit Luis Miramontes entwickelte er vor mehr als 60 Jahren in Mexiko die Synthese für das Sexualhormon Norethisteron und legte damit die Basis für die Pille. Das Verhütungsmittel kam 1960 erstmals auf den Markt. Zu den Arbeiten des Chemikers gehörte auch die künstliche Herstellung von Kortison.

Österreichs Regierungspolitiker würdigten Djerassi am Samstag als einen Spitzenforscher und stellten dabei auch seine späte Versöhnung mit seinem Heimatland heraus. „Seine wissenschaftlichen Leistungen habe ich immer bewundert, aber vor allem habe ich den Menschen geschätzt, den ich in zahlreichen Begegnungen kennenlernen durfte“, sagte Bundeskanzler Werner Faymann.

„Vom NS-Regime aus seiner Heimat vertrieben hat er dennoch in den letzten Jahren enge Verbindungen zu Österreich gepflegt und sich mit Österreich versöhnt“, sagte Kulturminister Josef Ostermayer. Der als bulgarischer Staatsbürger geborene Djerassi erhielt 2004 die österreichische Staatsbürgerschaft und vermachte wenige Jahre später einen Teil seiner Kunstsammlung an die Wiener Albertina.

Für seine wissenschaftlichen Errungenschaften wurde der emeritierte Professor der renommierten kalifornischen Stanford University vielfach ausgezeichnet. Unter anderem erhielt er die National Medal of Science in den USA, das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und das Bundesverdienstkreuz. Er wurde mit Ehrendoktortiteln gewürdigt, auch von der Frankfurter Goethe-Universität. Zum seinem 90. Geburtstag gab es eine große Feier an der Stanford University; Djerassi selbst hielt einen Vortrag.

Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer fasste in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur die Verdienste des Forschers einmal so zusammen: „Djerassi verdient ein Denkmal! Die Pille ist ein Meilenstein in der Geschichte der Emanzipation der Frauen.“

Djerassi selbst bewertete seinen naturwissenschaftlichen Erfolg bei allem Stolz mit Bescheidenheit. Er bezeichnete sich ausdrücklich als „Mutter der Pille“, weil er sich selbst nur als chemischer Erfinder des Empfängnisverhütungsmittels betrachtete, und schrieb auch eine gleichnamige Autobiografie. In späteren Jahren wies er wiederholt darauf hin, dass sein Leben mehr umfasse als die Erfindung der Pille.

So entwickelte sich Djerassi zu einem leidenschaftlichen Sammler von Paul-Klee-Werken. Darin investierte er einen Teil seiner Tantiemen. Rund 160 Arbeiten trug der Wissenschaftler zusammen; sie sind unter anderem in Museen in Wien und San Francisco zu sehen. Seit den 1980er Jahren sah sich Djerassi vor allem als Roman- und Bühnenautor.

In vielen Werken setzt er sich mit dem Judentum, dem Wissenschaftsbetrieb und dem Kampf um Anerkennung auseinander. Für seinen Roman „Vier Juden auf dem Parnass“ recherchierte er in Frankfurter Archiven. Djerassi lebte abwechselnd in Wien, London und San Francisco.