UKSH: Gefährlicher Keim bei elf gestorbenen Patienten nachgewiesen

Kiel (dpa) - Elf am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel gestorbene Patienten waren zusätzlich zu ihren teils schweren Erkrankungen auch mit einem multiresistenten Keim infiziert.

Bei neun von ihnen wurde der Keim mittlerweile eindeutig als Todesursache ausgeschlossen, wie der Vorstandsvorsitzende des UKSH, Jens Scholz, am Samstagabend in Kiel sagte. Bei zwei 87 und 70 Jahre alten Patienten konnte die Todesursache nicht zweifelsfrei geklärt werden. Die elf Patienten sind zwischen dem 21. Dezember und dem 20. Januar gestorben.

Mit Stand Samstagabend wurden an der Klinik 27 Patienten positiv auf den gegen fast alle Antibiotika resistenten Keim Acinetobacter baumannii getestet. Sie sind zwischen 27 und 88 Jahre alt. Nicht alle von ihnen sind aber daran erkrankt. „Der Keim ist nicht die führende Erkrankung bei den Patienten“, sagte Scholz. Für gesunde Menschen ist der Keim nach Angaben des Klinikums weitgehend ungefährlich. Die Zahl der infizierten Patienten kann in den kommenden Tagen aber noch steigen. Das Klinikum will deshalb alle zwei Tage auf Pressekonferenzen über den Stand informieren.

Die Gesamtzahl der Patienten, die sich seit Dezember mit dem gefährlichen Bakterium infiziert haben, ist weiterhin unklar. Mittlerweile hat es nach Klinikangaben entsprechende Screenings bei rund 50 Patienten gegeben. 14 Patienten sind weiterhin isoliert. „Nur wenn Patienten zweimal negativ getestet worden sind, werden sie von der Station verlegt“, sagte Scholz. Er betonte, dass für die übrigen Patienten der Klinik keine Gefahr bestehe: „Der Keim ist begrenzt auf die gesperrte internistische Intensivstation. Das UKSH ist nach wie vor ein sicherer Ort für Behandlungen.“

An einer Krisensitzung im Klinikum nahm am Samstag auch Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD) teil. „Diese Keime sind eine große Verunsicherung“, sagte sie. Sie kämen aber häufiger vor in Krankenhäusern. Die vorgeschriebenen Meldewege seien in dem aktuellen Fall aber eingehalten worden. Vordringlichstes Ziel sei es, „den Keim möglichst schnell aus dem UKSH herauszubekommen“.

Unterstützung erhoffen sich die Verantwortlichen von Frankfurter Wissenschaftlern. Die Forscher von der Uni Frankfurt sind Spezialisten auf dem Gebiet des betreffenden, multiresistenten Keims.

Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz mit Sitz in Dortmund kritisierte UKSH-Chef Scholz. Dessen Differenzierung der Todesursache zwischen der ursprünglichen Erkrankung des Patienten, dem gefährlichen Bakterium und einem Zusammenwirkung von beiden sei ein Versuch, die Folgen der erstmaligen Ausbreitung des Keims im UKSH zu verharmlosen. „Ich finde diese Relativierung entsetzlich“, sagte er am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Damit solle Verantwortung weggeschoben werden.

Nach Auffassung der Gesundheitsbehörde der Stadt Kiel hat das UKSH seit der Ausbreitung des resistenten Bakteriums korrekt gehandelt. Dies gelte sowohl für das vorgeschriebene rechtzeitige Informieren des Gesundheitsamtes, sobald Keime gehäuft auftreten, als auch für die getroffenen Vorsichts- und Hygienemaßnahmen, sagte Stadtsprecherin Annette Wiese-Krukowska.

Das Klinikum habe das Gesundheitsamt Heiligabend informiert. „Zu diesem Zeitpunkt waren insgesamt vier Patienten betroffen. Damit lag eine frühzeitige und zeitnahe Information des zuständigen Gesundheitsamtes vor.“ Das Gesundheitsministerium erfuhr erst am Freitag von den Vorfällen. „Das Ministerium ist nicht Teil der Meldekette“, erläuterte Staatssekretär Rolf Fischer. Es ist an den Lagebesprechungen aber mittlerweile beteiligt.

Bärbel Christiansen, verantwortliche Hygiene-Ärztin am UKSH, hatte versichert, die Hygienemaßnahmen seien vorschriftsmäßig erfolgt und es sei auch genügend Personal eingesetzt worden. Mit einem umfassenden Screening werde nach weiteren möglichen Keimträgern gesucht. Ergebnisse dieser Screenings lagen laut UKSH-Sprecher Oliver Grieve am Samstag noch nicht vor.

Die Acinetobacter-Keime kommen im Wasser und in der Erde vor, für den Menschen sind sie normalerweise nicht gefährlich. Bei immungeschwächten Menschen können sie aber Lungenentzündungen, Wundinfektionen und Blutvergiftungen verursachen. Handelt es sich um multiresistente Formen, ist die Behandlung erheblich erschwert, weil nur noch wenige Mittel überhaupt gegen die Infektion helfen.

Die internistische Intensivstation der Kieler Klinik ist seit Freitag für Neuaufnahmen „bis auf weiteres“ geschlossen. Eine von insgesamt drei Einheiten der operativen Intensivstation wurde isoliert, um die dort liegenden Infizierten gesund zu pflegen. Die Stationen sollen für Neuaufnahmen geschlossen bleiben, bis die dortigen Patienten entlassen werden können.