Orang-Utan genetisch zu 97 Prozent mit Mensch identisch

London (dpa) - Das Orang-Utan-Erbgut ist entziffert. Es sei zu 97 Prozent mit dem des Menschen identisch, berichtet ein internationales Forscherteam. Mensch und Schimpanse teilen 99 Prozent ihres Genoms.

Das Erbgut der Orang-Utans habe sich in den vergangenen Jahrmillionen viel langsamer verändert als das anderer Menschenaffen und der Menschen, schreiben die Wissenschaftler im britischen Fachblatt „Nature“ (Bd. 469, S. 529).

Der Orang-Utan ist entwicklungsgeschichtlich unter den Menschenaffen der am weitesten entfernte Verwandte des Menschen. Ihre gemeinsame Evolution endete bereits vor 12 bis 16 Millionen Jahren. Die Wege von Schimpanse und Mensch trennten sich erst vor etwa 4,5 bis 6 Millionen Jahren.

Devin Locke vom Genome Center der Washington University in Saint Louis (US-Staat Missouri) hatte gemeinsam mit mehr als 100 Wissenschaftlern von 31 verschiedenen Forschungsinstituten zunächst das Erbgut eines Weibchens namens Susie von der Sumatra-Orang-Utan-Art (Pongo abelii) im Detail untersucht. Mit diesem Referenzgenom analysierten sie anschließend noch das Erbgut von fünf weiteren Sumatra-Orang-Utans sowie von fünf Borneo-Orang-Utans (Pongo pygmaeus). Die Analyse zeigte auch, dass sich die Entwicklungslinie der beiden Orang-Utan-Arten viel später trennte als bisher angenommen, nämlich erst vor etwa 400 000 Jahren.

Trotz der langsamen Veränderung des Orang-Utan-Genoms gibt es eine große genetische Vielfalt innerhalb und zwischen den beiden Arten der „Waldmenschen“ auf den südostasiatischen Inseln Borneo und Sumatra. So wiesen die beiden Populationen zusammen etwa doppelt so viele Variationen auf wie der Mensch. Unter den Sumatra-Orang-Utans sei die genetische Diversität noch höher als unter den Borneo-Orang-Utans ­ obwohl ihre Zahl in freier Wildbahn gerade mal bei 7000 Tieren liege. Die Zahl der Borneo-Orang-Utans wird auf etwa 50 000 geschätzt. Es sei ein Rätsel, wie die kleine Population auf Sumatra eine so hohe Vielfalt erhalten habe, sagte Locke.

Eine große genetische Vielfalt sei grundsätzlich von Vorteil, weil es den Tieren erleichtere, sich an Umweltveränderungen anzupassen. Ob die Orang-Utans jedoch angesichts der anhaltenden Zerstörung ihres Lebensraumes davon profitieren können, sei fraglich, schreiben die Forscher. Die Orang-Utans und ihre Vorfahren waren in den Wäldern Südostasiens einst weit verbreitet.

Der Name Orang-Utan bedeutet in der Sprache Malaysias „Waldmensch“ und weist auf die ausgeprägte baumbewohnende Lebensweise der Tiere hin. Nur selten kommen die Orang-Utans überhaupt auf den Boden. Durch Abholzungen der Wälder, der Fragmentierung ihres Lebensraum und auch durch die Jagd ist das Überleben der Affen in freier Natur bedroht. Auf der Roten Liste der bedrohten Arten sind die Sumatra-Orang-Utans als „vom Aussterben bedroht“ und die Borneo-Orang-Utans als - „stark gefährdet“ eingestuft.