Rhesusaffen steuern ihre Rufe ähnlich wie Menschen

Tübingen (dpa) - Rhesusaffen können genau wie Menschen entscheiden, ob sie in einer bestimmten Situation einen Laut ausstoßen oder lieber schweigen. Damit seien sie im Tierreich nach jetzigem Stand die einzigen, die ihre Stimme bewusst einsetzen, schreibt ein Team Tübinger Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Communications“.

Auch wenn das Miauen einer Katze oder das Bellen eines Hundes auf Menschen manchmal berechnend wirken mag: Sie geben ihre Laute rein affektiv ab, also ohne vorher darüber nachzudenken. Die Neurobiologen Steffen Hage und Andreas Nieder hoffen, dass ihre Erkenntnisse in der Sprachforschung weiterhelfen können.

Dass Menschen ihre Laute willentlich steuern können, sei die Grundlage dafür, dass sie überhaupt sprechen können, sagte Hage. Wenn Menschen nach einer Kopfverletzung ihr Sprachvermögen verlören, seien häufig genau die Nervenzellen im Gehirn gestört, mit deren Hilfe die Stimme zweckdienlich eingesetzt wird. Diesen Mechanismus wollte die Forschergruppe bei den Affen genauer untersuchen.

Im Labor brachten sie den Tieren bei, immer dann zu rufen, wenn vor ihnen ein Lichtpunkt erscheint. Dafür bekamen sie zur Belohnung etwas Saft zu trinken. Dieses Training habe rund ein Jahr lang gedauert, sagte Hage. Dann hätten die Affen die Aufgabe zuverlässig erfüllt. Bei weiteren Untersuchungen konnten die Forscher im Bereich des Stirnhirns einen Bereich ausmachen, der offensichtlich für die Steuerung zielgerichtet hervorgebrachter Rufe zuständig ist.

Inwiefern die Rhesusaffen ihre Stimme auch ohne das Labor-Training in ihrer natürlichen Lebensumgebung zielgerichtet einsetzen, sei unklar, sagte Hage. Die allermeisten Tiere könnten ihre Laute nicht steuern - auch wenn Besitzer von Haustieren oft einen anderen Eindruck hätten. „Wenn das Herrchen mit einem Futterstück vor dem Hund steht, dann ist das eine hochemotionale Situation für den Hund, und deshalb bellt er affektiv. Das Herrchen denkt nur, der Hund würde betteln und durch das Bellen ausdrücken, dass er etwas zu Fressen haben will.“

An den Tübinger Versuchen mit Affen, wie sie auch Hage und sein Team genutzt haben, entzündet sich seit Jahren heftige Kritik von Tierschützern. Die Affen werden in einem sogenannten Primatenstuhl mit den Kopf fixiert, damit sie sich ganz auf das Experiment konzentrieren. Hage verteidigte dieses Vorgehen. Die Affen würden Schritt für Schritt an die Fixierung gewöhnt. Untersuchungen belegten, dass bei den Tieren keine Verhaltensauffälligkeiten festzustellen seien.