Riesige Mars-Wolken gesichtet
Bilbao (dpa) — Astronomen haben riesige Dampf- oder Rauchfahnen beim Mars entdeckt. Diese dehnen sich bis zu einer Höhe von etwa 250 Kilometern über der Marsoberfläche aus und überragen damit die bekannten, gewöhnlichen Marswolken.
Das internationale Forscherteam hat das Phänomen genau vermessen und sucht nun Erklärungen dafür. Weder Eiskristalle oder Staub noch Polarlichter könnten die mysteriösen Gebilde nach derzeitigen Kenntnissen der Marsatmosphäre eindeutig erklären, schreibt die Gruppe um Agustin Sánchez-Lavega von der Universität des Baskenlandes in Bilbao (Spanien) im Fachjournal „Nature“.
Die bekannten Marswolken aus Kohlendioxid- oder Wassereiskristallen, reichen bis auf eine Höhe von 100 Kilometern, seine Staubwolken kommen bis auf 60 Kilometer über der Oberfläche. Polarlichter seien bislang bis in eine Höhe von 130 Kilometern beobachtet worden, schreiben die Wissenschaftler.
Am 12. März 2012 entdeckten Amateurastronomen die Rauch- oder Dampffahnen an der Südhalbkugel des Roten Planeten. In den folgenden zehn Tagen wurden sie immer wieder an derselben Stelle am Marsmorgen beobachtet, nie jedoch am Marsabend. Daraus schließen Sánchez-Lavega und Kollegen, dass sich diese Gebilde rasch verändern und ein zyklisches Verhalten aufweisen. Vom 6. bis 16. April 2012 wurde eine ähnliche Erscheinung an etwa derselben Stelle beobachtet. Das Team um Sánchez-Lavega maß bei der Formation eine Ausdehnung von bis zu 1000 Kilometern sowohl in Nord-Süd- als auch in Ost-West-Richtung.
Die Forscher sichteten auch frühere Aufnahmen des Roten Planeten und fanden ein Foto des Weltraumteleskops Hubble vom 17. Mai 1997, das ein ähnliches Phänomen zeigt. Diese Aufnahmen wurden neben den Bildern von 2012 in die Analyse einbezogen.
Mit Simulationen von Umwälzungen in der bisher bekannten Marsatmosphäre konnten Sánchez-Lavega und Kollegen die Beobachtungen bisher nicht eindeutig erklären. Am besten passen ihnen zufolge Wassereispartikel einer Größe von etwa 100 Nanometern (Millionstel Millimetern) — allerdings müsste die Temperatur in der höheren Atmosphäre dann etwa 50 Grad Celsius niedriger sein als bisher bekannt. Bei Kohlendioxideis wären es sogar 100 Grad. Auch die vermuteten Polarlichter müssten 1000-fach so hell sein wie ihre Pendants auf der Erde. Weitere Beobachtungen seien erforderlich, um die Ursache einzugrenzen, schreiben die Forscher.
Paul Hartogh vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen gehört zu einer Arbeitsgruppe, die selbst die untere Marsatmosphäre modelliert. Er hält die Aussagen von Sánchez-Lavega und Kollegen für stichhaltig und favorisiert ebenfalls winzige Eiskristalle als Erklärung — diese verursachten auch die nachtleuchtenden Wolken in der Erdatmosphäre. Dichteschwankungen in der Marsatmosphäre könnten zu diesen hohen Wolken führen. Um die Eisteilchen in eine solche Höhe zu bringen, bedürfe es extremer vertikaler Windgeschwindigkeiten, erklärt Hartogh.
Wolkenformationen gibt es auf vielen Planeten und Monden unseres Sonnensystems. Am bekanntesten ist der „große rote Fleck“ des Jupiters: Es handelt sich um einen riesigen Wirbelsturm in einer Atmosphäre aus Wasserstoff, Helium, Ammoniak, Methan und anderen Stoffen.