Für elf Minuten ins All Schüler plaudern live mit „Astro-Alex“
Leverkusen/Herrenberg (dpa) - Es ist ein überirdisches Elf-Minuten-Date: Ein entspannt wirkender Alexander Gerst trifft an seinem 20. Tag im Weltraum auf Hunderte Schüler aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.
Ein Funkkontakt zur ISS macht's möglich.
Es geht um den Alltag im All, um Persönliches, wie es sich so anfühlt auf der Internationalen Raumstation. Ja, in seiner WG hoch oben müssten er und die Crew auch regelmäßig saubermachen, verrät „Astro-Alex“ beim Live-Talk am Mittwoch.
„Die Luft auf der ISS ist eigentlich relativ sauber, wird gefiltert. Aber einmal in der Woche müssen wir Staub wischen.“ Das Joggen im Wald sowie Couch, Bett und Dusche vermisse man schon, wenn man monatelang 400 Kilometer über der Erde kreise.
Für die Schüler des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Leverkusen und des Schickhardt-Gymnasiums in Herrenberg bei Stuttgart dauert die Stern-„Stunde“ genau elf Minuten. So lang ist die ISS in Reichweite der Antennen auf den beiden Schuldächern. Um 12:32 Uhr rufen die aufgeregten Leverkusener die Raumstation, stellen dem Astronauten ihre ersten Fragen.
„Stimmt es, dass man im Weltraum nicht rülpsen kann - over“, will Oberstufenschülerin Eva Tillmann wissen. „Das ist tatsächlich schwierig. Die Luft im Magen schwimmt nicht oben“, lautet die Antwort aus dem All. „Wie verändert sich der menschliche Körper im Weltall - over“, fragt Fünftklässlerin Yasna Ghafoorie. „Der menschliche Körper passt sich an“, schildert der Esa-Mann bestens gelaunt. Der Biorhythmus werde künstlich im 24-Stunden-Takt gehalten. Ob man auf der ISS eine Kerze anzünden kann, will ein Schüler wissen. Theoretisch schon, sie würde viel langsamer brennen - aber ist natürlich verboten wegen Feuergefahr. Ein 17-Jähriger möchte wissen, was Gerst davon hält, Müll im All zu entsorgen. Gar nichts, sagt der. „Das wäre die dümmste Idee, die es gibt.“
Gerst war am 8. Juni an Bord gegangen, im Herbst wird er als erster Deutscher als ISS-Commander die Crew führen. Die Schulen hatten sich auf die spektakulären Minuten mit dem Mega-Star lange vorbereitet. Es gab Funkübungen, Technikproben. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt ist mit im Boot bei dem Projekt und vor allem Funkamateure, die am Mittwoch den Kontakt nach oben sicherstellen.
Als sich die Schüler auf den Bühnen beider Schulen fertig machen, ist die ISS gerade über Houston. Nach wiederholten Rufversuchen meldet sich der Astronaut endlich: „Welcome to the International Space Station.“
Langatmige Fragen sind tabu. Auch die Baden-Württemberger fassen sich kurz. Die Schule in Herrenberg liegt nur gut eine Autostunde von Künzelsau entfernt, dem Geburtstort des Astronauten. Was Gerst von der Idee hält, Mond oder Mars künftig zu besiedeln? Die Forschung solle auf jeden Fall hin, hochspannend solche Missionen, aber: „Mond und Mars sind lebensunfreundlich“, erläutert der Geophysiker.
Und was passiert, wenn jemand an Bord schwer krank wird, zum Beispiel Blinddarmentzündung? Antwort: Eine Sojus-Kapsel steht als Rettungsvehikel bereit. „Wir können an einem Tag zuhause sein.“ Alle 20 Fragen - eigens von einer Jury unter Hunderten Schülervorschlägen ausgewählt - beantwortet „Astro-Alex“ gut hörbar, kaum ein Knirschen und Knattern, während seine ISS pro Sekunde stattliche 7,6 Kilometer zurücklegt. Von den Schülern auf der Erde ist er etwa zur Mitte des Interviews fast genauso weit entfernt wie die beiden Schulen voneinander.
Weitere Schulen - etwa in Bonn, Kaiserslautern, Soltau oder Dresden - stehen nach der Funkpremiere schon in den Startlöchern für einen baldigen Anruf während der „Horizon“-Mission bis Dezember. Für Leverkusen und Herrenberg ist das himmlische Rendezvous im Eiltempo schon wieder zu Ende.
Bei Fragesteller Max Hüter (14) hat es definitiv gefunkt: Der Weltraum begeistere ihn, und Gerst habe alles sehr gut erklärt. Auch Yasna (11) schwärmt nach dem Chat in Leverkusen: „Er war so nett und irgendwie ganz normal“.