„Shefex II“ bringt Forschern Tausende Daten
Andøya/Stuttgart (dpa) - Das scharfkantige Raumfahrzeug „Shefex II“ hat die Forschung mit seinem erfolgreich absolvierten Testflug um Hunderttausende Messdaten bereichert.
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) schossen das Modul am Freitag um 21.18 Uhr von der norwegischen Raketenbasis Andøya gut 250 Kilometer ins All. Die fast 13 Meter lange Rakete wog laut DLR samt der Nutzlast 7 Tonnen. Nach gut 10 Minuten landete das Flugobjekt westlich von Spitzbergen, wo es ein Bergungsschiff einsammeln sollte.
„Der Flug von Shefex II ist wieder ein Schritt hin zu einem Raumflugkörper, der höhere Temperaturen übersteht bei größerer Geschwindigkeit und längerer Dauer“, sagte Projektleiter Hendrik Weihs vom federführenden Stuttgarter DLR-Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung laut einer Mitteilung. Die Wissenschaft sei wieder einen Schritt weiter „auf dem Weg, ein Raumfahrzeug zu entwickeln, das einfach gebaut ist wie eine Raumkapsel, aber Steuerungs- und Flugmöglichkeiten hat wie zum Beispiel das Space Shuttle - nur deutlich billiger“.
Bei dem Experiment sollten verschiedene Hitzeschutz- und Kühlsysteme getestet werden. Die Verkleidung von „Shefex II“ besteht anders als bei der von herkömmlichen Flugkörpern nicht aus abgerundeten und einzeln gefertigten Kacheln, sondern aus ebenen Flächen. Diese sind technisch einfacher und vor allem günstiger zu produzieren.
Nach Angaben von Weihs sollten mehr als 300 Sensoren etwa für Druck, Temperatur und Wärmefluss pro Sekunde 3000 bis 5000 Daten zum Boden senden. Bis diese analysiert sind, werde es Jahre dauern. „Was wir für die Konstruktion brauchen, wird wohl schon nächstes Jahr ausgewertet sein.“ Denn in vier bis fünf Jahren soll der dritte Teil der „Shefex“-Mission in den Praxistest geschickt werden. „Shefex III“ soll einem Raumgleiter ähneln, deutlich schneller fliegen und 15 Minuten in der Atmosphäre bleiben. Die Abkürzung „Shefex“ steht für „Sharp Edge Flight Experiment“, also „scharfkantiger Flugversuch“.
Bislang seien die hohen Temperaturen von über 2500 Grad Celsius, die an den scharfen Kanten gerade beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre entstehen, ein Problem für die Herstellung von Raumfahrzeugen gewesen, sagte Weihs der Nachrichtenagentur dpa. Der Eintritt in die Atmosphäre sollte mit elffacher Schallgeschwindigkeit von mehr als 12 000 Kilometern pro Stunde erfolgen. Die Forscher testeten mit „Shefex II“ sowohl ganz neue Materialkonstruktionen, als auch abgewandelte Einsatzformen bestehender Technologie.
Am Ende wollen die Wissenschaftler mit Hilfe ihrer Erkenntnisse aus dem „Shefex“-Projekt einen neuartigen, kleinen Raumgleiter bauen, Dieser soll ab 2020 zur Verfügung stehen. Wenn dieser dann kantig statt abgerundet ist, bedeutet dies einen Einschnitt in der Raumfahrttechnik. Doch Weihs gibt sich zurückhaltend: „Von Revolution würde ich da noch nicht unbedingt sprechen.“