Super-Teleskop „Alma“ geht in Chile an den Start
San Pedro de Atacama/Garching (dpa) - Ein großer Schritt für die Astronomie: Das Super-Teleskop „Alma“ in der chilenischen Atacamawüste ist offiziell in Betrieb gegangen.
„"Alma" liefert sogar bessere Bilder als das "Hubble"-Teleskop“, sagte der Direktor des „Alma“-Observatoriums Mattheus de Graauw beim Festakt in Chile. Forscher versprechen sich von dem internationalen Milliardenprojekt wichtige Erkenntnisse über die Geburt der Sterne.
Die brachte „Alma“ sogar schon, bevor das Projekt überhaupt vollständig in Betrieb war. Denn mit Hilfe des neuen Super-Teleskops haben Forscher schon jetzt herausgefunden, dass unzählige Sterne deutlich früher entstanden als bislang angenommen. Bislang waren bereits 16 der insgesamt 66 Teleskope von „Alma“ in Betrieb.
Nach Erkenntnissen des internationalen Astronomenteams gab es die heftigsten Sternentstehungsausbrüche in der Geschichte des Universums, sogenannte Starbursts, größtenteils bereits vor etwa zwölf Milliarden Jahren. „Das ist nur zwei Milliarden Jahre nach dem Urknall und eine Milliarde Jahre früher als bislang angenommen“, sagte der Leiter des Teams, Axel Weiß vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie. Die Erkenntnisse präsentieren die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature“ und dem „Astrophysical Journal“.
Während der „Starbursts“ wandeln Galaxien mit hoher Geschwindigkeit gewaltige Mengen von kosmischem Gas und Staub in neue Sterne um. Das geht rund tausendmal schneller als in normalen Galaxien. „In der Milchstraße entsteht pro Jahr eine neue Sonne, in diesen Galaxien sind es 1000 pro Jahr“, sagte Weiß. „Das kann man nur in fernen Galaxien beobachten, in unserer Nachbarschaft gibt es das überhaupt nicht.“ Ganz nebenbei entdeckten die Forscher mit „Alma“ auch noch Wasser in rekordverdächtiger Ferne. In entlegenen Galaxien konnten die Astronomen das am weitestens entfernte Wasser im Universum entdecken, das bislang beobachtet wurde.
Und noch eine interessante Erkenntnis hat „Alma“ auch in seiner ersten Version den Wissenschaftlern schon geliefert: Die Teleskope entdeckten kleine, organische Zuckermoleküle im All. „Dieser Zucker ist ein Baustein für Leben“, sagte der europäische „Alma“-Projektleiter Wolfgang Wild von der Europäischen Südsternwarte (Eso) in Garching bei München, der zum Festakt nach Chile gereist war. „Dann kann man spekulieren: Ist Leben im Weltall weit verbreitet?“ „Alma“ steht auf dem Chajnantor-Plateau in der Atacamawüste - mehr als 5000 Meter über dem Meeresspiegel. Mit seinen 66 Einzel-Teleskopen soll es künftig noch weitere bahnbrechende Erkenntnisse liefern über die Entstehung von Sternen und ganzen Galaxien. Mehr als eine Milliarde Euro kostete das Projekt. Am Mittwoch waren 57 der Antennen in Betrieb, die übrigen sollten nach Angaben de Graauws in Kürze starten.
„Es ist vergleichbar mit dem Übergang vom nackten Auge zum ersten Fernrohr“, sagte Wild über das Super-Teleskop. Davon versprechen sich die Forscher tiefe Einblicke in die „stürmische Jugendphase des Universums“, wie Astronom Weiß das nennt.
„Alma“ misst Radiowellen im Millimeterbereich und sogar darunter. Die Millimeterwellen sind besonders gut geeignet, ausgedehnte Gas- und Staubwolken zu durchdringen. Beobachten wollen Astronomen damit die sogenannte kalte Materie - Gaswolken, in denen neue Sterne entstehen und die bei Entstehung ganzer Galaxien eine wichtige Rolle spielen.
„Unser Wissen über deren Ursprung ist bislang nur theoretisch. Mit "Alma" werden wir die Hypothesen mit der Realität konfrontieren können“, sagte der chilenische Astronom Manuel Aravena. „Wir werden mit dem Superteleskop Dinge beobachten können, die wir uns heutzutage noch nicht einmal vorstellen können.“