Tuberkulose schon vor 500 000 Jahren?

Göttingen (dpa) - Anders als bisher vermutet, könnten schon vor 500 000 Jahren Menschen an Tuberkulose erkrankt sein.

Ein in der Türkei gefundener Schädel eines Homo erectus zeige Spuren, die auf eine Gehirnhautentzündung infolge einer Tuberkulose hindeuteten, teilte ein Sprecher der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) am Freitag mit. Bisher war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass diese bakterielle Infektionskrankheit beim Menschen erst vor einigen tausend Jahren erstmals aufgetreten ist.

Sollten sich diese vom Paläopathologen Prof. Michael Schultz am Abguss eines Schädels erhobenen Befunde bestätigten, wäre dies der früheste Nachweis von Tuberkulose beim Menschen. „Rein morphologisch gesehen, ist es wahrscheinlich, dass es sich bei den "Grübchen" und Einkerbungen an der Innenseite des Vorderschädels um Überreste einer durch Tuberkulose ausgelösten Hirnhautentzündung handelt“, erläuterte Schulz.

Die ein bis zwei Millimeter große Einkerbungen hatten Schultz und der US-Forscher John Kappelmann von der Universität Austin an der Schädeldecke aufgespürt. Sie seien nach Form und Platzierung typische Anzeichen für eine Infektion der Hirnhäute und charakteristisch für eine bestimmte Form der Tuberkulose, der sogenannten Leptomeningitis tuberculosa. Sie seien entstanden, als der Mensch noch gelebt habe.

Ein internationales Forscherteam hatte die rund eine halbe Million Jahre alten Schädelstücke des Homo erectus 2004 in einem Steinwerk im Westen der Türkei gefunden. Die Teile gehören vermutlich zu den Überresten eines 18 bis 30 Jahre alten aus Afrika stammenden dunkelhäutigen Mannes.

Im Sommer will Schultz in der Türkei am Original-Schädel lichtmikroskopische und endoskopische Untersuchungen vornehmen. Sollte sich dabei die bisherige Annahme bestätigen, wäre der Fund der einzige Nachweis weltweit von Hirnhaut-Tuberkulose beim Menschen aus der Fossilzeit, sagte der Paläopathologe.