US-Raumfähre „Endeavour“ auf Abschiedsflug
Washington (dpa) - Es gab Verzögerungen und Probleme, doch am Ende war es wieder ein bewegender Moment: Die US-Raumfähre „Endeavour“ ist am Montag zu ihrem Abschiedsflug ins All gestartet. Der Space Shuttle hob pünktlich um 14.56 Uhr deutscher Zeit vom Weltraumbahnhof in Cape Canaveral ab.
Im Gepäck war ein auch von deutschen Forschern entwickelter Teilchendetektor, der Erkenntnisse über den Urknall liefern soll. Trotz leichter Winde und dicker Wolken am Himmel verlief der zweite Startversuch in 17 Tagen problemlos.
Eine halbe Million Menschen wurden nach offiziellen Schätzungen Augenzeugen des Spektakels. Von Stränden und Autobahnen in Florida aus bewunderten sie, wie das 37,4 Metern lange und 109 Tonnen schwere Technikwunder mit einem gewaltigen Feuerschweif in die Umlaufbahn donnerte. „Das war ein herausragender Countdown“, sagte der für den Start zuständige Direktor Mike Leinbach hinterher gelöst.
Unter den 45 000 Gästen im Kennedy Space Center war auch die Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords, die bei einem Attentat im Januar durch einen Kopfschuss schwer verletzt wurde. Sie ist die Ehefrau des „Endeavour“-Kommandanten Mark Kelly.
Nach Worten ihrer Stabschefin schaute sie sich den Start im Rollstuhl sitzend von dem Dach eines Gebäudes in dem Weltraumbahnhof an. Sie habe dabei den Ehering ihres Mannes an einer Kette um den Hals getragen. „Eine großartige amerikanische Geschichte“, kommentierte ein Reporter des Fernsehsenders „Fox News“.
Giffords befindet sich noch immer in der Reha, die Öffentlichkeit bekam sie seit dem Anschlag nicht mehr zu Gesicht. Dennoch machte sie sich in Begleitung ihrer Ärzte schon zum zweiten Mal auf den Weg von Houston in Texas nach Florida.
Der Abschiedsflug des Raumschiffes war nämlich ursprünglich für den 29. April geplant, musste aber wenige Stunden vor dem Start wegen eines Defektes am Heizsystem für die Nottreibstoffversorgung verschoben werden. Die Raumfahrtbehörde Nasa hatte den Countdown abgebrochen, als die sechsköpfige Shuttle-Besatzung schon auf der Startrampe war.
Die Ingenieure arbeiteten in den vergangenen Wochen auf Hochtouren, das Problem rechtzeitig zu lösen. „Wir wollen all den Zehntausenden Mitarbeitern danken, die an diesem unglaublichen Schiff gearbeitet haben“, sagte Kelly kurz vor dem Abflug.
Die Mission zur Internationalen Raumstation ISS soll 16 Tage dauern. Die Mannschaft wird dort unter anderem den zwei Milliarden Dollar (1,37 Milliarden Euro) teuren Teilchendetektor AMS installieren. Das 6,8 Tonnen schwere Gerät soll unter anderem Wissenswertes zur Antimaterie, zur Dunklen Materie und zum Ursprung kosmischer Strahlen bieten. Ein 1,2 Tonnen schwerer Magnet, dessen Feld 4000 mal stärker ist als das der Erde, soll dabei helfen.
600 Experten aus 16 Ländern hatten den Detektor entwickelt. Er soll bis 2020, dem Ende der ISS-Lebensdauer, im Einsatz sein. „Wissenschaftler weltweit haben große Erwartungen an die erfassten Daten, die Antworten auf grundlegende Fragen bringen sollten“, sagt der Generaldirektor der europäischen Weltraumbehörde Esa.
Die „Endeavour“-Crew besteht aus fünf Amerikanern und einem Italiener. Ihnen stehen zwei arbeitsreiche Wochen im All bevor. Viermal steigen sie aus, um die ISS auf Vordermann zu bringen. Das Paket an notwendigen Reparaturen und Installationen ist groß wie selten. Wesentlicher Grund: Ihr abschließender Außeneinsatz wird der letzte für Astronauten eines Nasa-Shuttles sein.
Nach der Rückkehr von ihrem 25. Flug am 1. Juni wird die „Endeavour“ künftig im Wissenschaftszentrum in Los Angeles ausgestellt. Die Nachfolgerin der explodiertem „Challenger“ war dann mehr als 166 Millionen Kilometer im All unterwegs und hat die Erde etwa 4500 Mal umrundet.
Ihr Jungfernflug im Mai 1992 war eine Rettungsmission, in der ein Nachrichtensatellit eingefangen und in die richtige Umlaufbahn gelenkt wurde. Ihr wichtigster Einsatz führte sie 1993 zum Weltraumteleskop „Hubble“, wo Astronauten in nervenzerrender Kleinarbeit dafür sorgten, dass es wieder scharfe Bilder liefern kann.
Die Nasa hat nur noch einen weiteren Shuttle-Flug geplant: Anfang Juli soll die „Atlantis“ ins All abheben. Danach ist die drei Jahrzehnte währende Ära der wiederverwendbaren Raumfähren endgültig beendet.