Die Mäuse mit goldgelbem Zottelfell sollen ein Schritt zur Erschaffung eines möglichst mammutähnlichen Elefanten sein: In den USA haben Genforscher „Wollhaarmäuse“ mit mammutähnlicher Behaarung vorgestellt. Mit verschiedenen Gentechnikverfahren veränderte das Team der Firma Colossal Biosciences in Dallas mehrere Gene von Mäusen so, dass ihre Haarstruktur der von Mammuts ähnelt.
Die Tiere veranschaulichten die bemerkenswerten Fortschritte auf dem Gebiet der Genomeditierung, erklärte der Colossal-Mitgründer und Harvard-Forscher George Church in einer Mitteilung des Unternehmens. Berühmt wurde Church unter anderem durch seine Ankündigung, einen kälteresistenten Elefanten erschaffen zu wollen, der wie ein Mammut aussieht und sich möglichst auch ähnlich verhält.
Die Herstellung der Wollhaarmäuse wurde bisher nicht von Experten begutachtet in einer Fachzeitschrift vorgestellt, die Studie ist lediglich auf einem sogenannten Preprint-Server abrufbar. Gleichwohl stößt die Veröffentlichung in der Fachwelt auf große Resonanz. Mehrere mit dem Haarwachstum zusammenhängende Gene gleichzeitig so zu verändern, dass sie mit dem Erbgut einer anderen Art kompatibel seien, sei ein „bemerkenswerter Meilenstein“, erklärte der Stammzellforscher Dusko Ilic vom King's College London.
Forscher sehen Mammut in weiter Ferne
Das US-Forschungsteam hatte zunächst Genome von 121 verschiedenen Mammuts und Elefanten analysiert. Daraus hatten sie zehn Gene in Bezug auf Haartextur und Fettstoffwechsel ausgewählt, die Mammuts im Vergleich zu Asiatischen Elefanten kälteresistenter machen und die zusätzlich mit dem Erbgut von Mäusen kompatibel waren.
Die goldgelbe Fellfarbe erreichten sie beispielsweise dadurch, dass sie das Gen MC1R veränderten, das für die Produktion des Farbpigments Melanin zuständig ist. Eine Modifikation des Gens FGF5 sorgt dafür, dass die Haare der Tiere dreimal länger werden als üblich.
Ethisch wäre eine Neuerschaffung nicht zu rechtfertigen
Allerdings merkt Tori Herridge von der englischen Universität Sheffield an, dass weniger als zehn Prozent der genveränderten Embryonen lebend zur Welt kamen, und nur bei sehr wenigen der lebend geborenen Tiere seien alle Zielgene verändert worden. Die Übertragung genetischer Mammutmerkmale auf Elefanten sei noch einmal ungleich schwieriger - und ethisch nicht zu rechtfertigen.
Auch der Genetiker Sergiy Velychko von der Harvard Medical School erklärte, die vorgenommenen Genom-Veränderungen seien mausspezifisch und hätten nichts mit Elefanten oder gar Mammuts zu tun. „Wir sind seit 1981 in der Lage, Mäuse aus kultivierten embryonalen Stammzellen zu züchten, und die ersten Knockout-Mäuse wurden 1989 erzeugt - also vor fast 40 Jahren.“
Falsche Hoffnungen
Die meisten bei Mäusen verwendeten Techniken ließen sich nicht einmal auf eng verwandte Arten wie etwa Ratten anwenden - „und schon gar nicht auf Elefanten. Bei Elefanten sind selbst grundlegende Fortpflanzungstechniken wie Superovulation und die künstliche Befruchtung noch nie gelungen“. Hinzu komme unter anderem, dass Elefanten sich - im Gegensatz zu Mäusen - nur sehr langsam fortpflanzten.
Mäuse haben eine Tragezeit von 20 Tagen, Asiatische Elefanten dagegen von 22 Monaten, wie das Team aus Dallas selbst einräumt. Daher, so schreibt es, seien Mäuse wichtige Modelle, um funktionale Eigenschaften von veränderten Wollhaarmammut-Genen zu überprüfen.
„Diese Mäuse anzuschauen ist ein wenig wie ein Blick in die Vergangenheit, aber mit einem hochselektiven Teleskop“, sagte die Evolutionsbiologin Louise Johnson von der englischen Universität Reading. Die Technologie biete die aufregende Gelegenheit, einige Ideen über ausgestorbene Organismen zu überprüfen. „Das ist eine interessante Arbeit, aber die Idee, dass wir etwas Ausgestorbenes zurückbringen könnten, ist eine falsche Hoffnung.“
© dpa-infocom, dpa:250304-930-393433/1