Wo unsere Kanzler wohnten

Der Bonner Kanzlerbungalow ist aufwändig renoviert worden. Und kann ab Mai besichtigt werden.

Bonn. "Es war gar keine Atmosphäre", erinnert sich der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) an sein langjähriges Heim in Bonn - den alten Kanzlerbungalow. Im Privatbereich hätten seine Söhne auf Gummimatratzen schlafen müssen, da für Betten nicht genug Platz gewesen sei. Es sei eher "ein absurdes Bauwerk" gewesen als eine für einen Kanzler angemessene Wohnung.

Dafür hat es Kohl dann aber lange ausgehalten - gut 15 Jahre. Er wollte selbst dann nicht ausziehen, als er 1998 schon abgewählt war. Nun kann sich bald jeder selbst ein Urteil bilden - das Gebäude aus den 60er Jahren im Stil der klassischen Moderne wird im Mai erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich.

Mit Mitteln der Wüstenrot-Stiftung wurde das denkmalgeschützte Haus in den vergangenen zwei Jahren in Abstimmung mit dem Kanzleramt saniert und renoviert. Nun nimmt das Haus der Geschichte den Kanzlerbungalow mit einer Dauerausstellung in sein Besucherprogramm auf und plant Veranstaltungen, wie Museumschef Hans Walter Hütter in Bonn ankündigte.

Der Kanzlerbungalow sei "ein einzigartiges Zeugnis der politischen Geschichte der Bundesrepublik", sagte Hütter. Staatsoberhäupter tafelten hier, Wahlsiege wurden begossen, Krisen und Koalitionen besprochen. Bilder und Dokumente im Eingangssaal erinnern etwa an Aufenthalte der britischen Königin Elizabeth II. oder des sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow.

Anders als Wohn- und Amtssitze in vielen anderen Staaten sollte der Kanzlerbungalow kein Symbol politischer Macht sein. Architekt Sepp Ruf (1908-1982) wollte ein weltoffenes Haus für Austausch und Begegnung. Der 225-Quadratmeter-Bungalow mitten in einem großzügigen Parkgelände mit Blick auf den Rhein besteht aus zwei quadratisch gegeneinander versetzten Atriumbauten. Viel Glas sorgt für Licht und Zugang zur Natur.

Ein Jahrzehnt lang stand der unscheinbare Flachbau leer. Seiner früheren Funktionen beraubt, verharrte das Eigentum des Bundes im Dornröschenschlaf. Für die Instandsetzung wandte die Wüstenrot-Stiftung rund 2,2 Millionen Euro auf - das ist doppelt so viel wie seinerzeit der gesamte Neubau kostete. Dabei wurde der Repräsentationsbereich am Eingang in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt, ein weiterer Teil sowie auch der private Bereich wurden weitgehend so restauriert, wie Kohl sie nutzte.

Unions-Kanzler Ludwig Erhard hatte sich mit dem 1964 errichteten Bungalow auch seinen Traum von der Moderne erfüllt. Der Bungalow ergänzte seine Amtsräume im benachbarten klassizistischen Palais Schaumburg, trug ihm aber auch Kritik ein ("Palais Schaumbad" oder "Ludwigslust"), obwohl es außer einem kleinen Pool keine baulichen Extravaganzen gab.

Keine architektonischen Machtsymbole empfangen den Besucher, keine Säulen, nicht einmal eine Treppe oder Schwelle. Die Einrichtung wirkt kühl und funktional. Zweckambiente. Im Privatteil ein schlichtes Schlafgemach wie im Stadthotel.

Nach dem Geschmack von Kanzler Willy Brandt war das verglaste Stahlskelett nicht. Mit seiner Frau Rut und seinen Söhnen blieb der Ex-Außenminister lieber in der Dienstvilla des Auswärtigen Amtes auf dem Bonner Venusberg und nutzte nur die repräsentativen Räume. Wie Brandt hielt es später auch Gerhard Schröder 1998/99.

Den privaten Teil bewohnte eine Zeit lang noch der abgewählte Kohl. Für die dort genutzte Fläche von 142 Quadratmetern mussten die Kanzler sogar Miete zahlen. Und obwohl es ja gar nichts Großartiges gewesen sei, sei es doch "sehr teuer" gewesen, klagte Kohl.