Wo Waisen finanzielle Hilfe bekommen
Berlin (dpa/tmn) - Plötzlich stehen sie alleine da, und ihr Leben stellt sich auf den Kopf. Ein neues Zuhause, ein neuer Vormund und die Trauer. Wenn Eltern unerwartet sterben, haben Kinder mit vielen Problemen zu kämpfen.
Eins davon ist die Finanzierung ihres Lebens. Antworten auf wichtige Fragen:
Wer übernimmt diese, wenn die Eltern nicht mehr da sind?
Waisen haben ein Recht auf eine sogenannte Waisenrente. „Diese deckt allerdings nicht den vollen Unterhalt ab“, sagt Kirsten Michaelsen, Anwältin für Familienrecht. Die Rente zahlt die Deutsche Rentenversicherung. Allerdings nicht automatisch. Sie muss beantragt werden. Vor dem 15. Lebensjahr übernimmt dies der gesetzliche Vormund, ab dem 15. Geburtstag darf das der Waise selbst machen.
Mit wie viel Rente ist zu rechnen?
„Die Waisenrente leitet sich aus der Rente des Verstorbenen ab“, erklärt Dirk von der Heide von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Hinzu kommen noch in manchen Fällen beamtenrechtliche oder betriebliche Waisengelder. Vollwaisen bekommen 20 Prozent der Rente, die die Eltern bekommen hätten, plus einen Zuschlag, der individuell berechnet wird. Allerdings werden die 20 Prozent nur voll ausgezahlt, wenn die Eltern bei ihrem Tod über 63 Jahre alt waren. „Waisen haben ein hohes Armutsrisiko“, sagt Michaelsen daher.
Wie lange wird die Waisenrente gezahlt?
Anspruch haben Kinder auf die Rente bis zu ihrem 18. Lebensjahr. In Ausnahmen zahlt die Rentenversicherung noch bis zum 27. Lebensjahr. Das ist der Fall, wenn Kinder nach der Schule einen Beruf erlernen, studieren oder einen Freiwilligendienst übernehmen. Zudem haben Kinder mit einer Behinderung auch ein Recht auf die verlängerte Zahlung, wenn sie nicht für sich alleine sorgen können.
Vor dem 15. Lebensjahr wird die Rente an den gesetzlichen Vormund überwiesen, ab dem 15. Geburtstag darf der Waise das Geld selbst auf seinem Konto empfangen. Allerdings heißt das nicht, dass der Waise das Geld nach Lust und Laune ausgeben darf. „Wie der Waise über das Geld verfügen darf, richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Dem gesetzlichen Vertreter bleibt also die Möglichkeit, hierauf Einfluss zu nehmen“, sagt von der Heide.
Was passiert, wenn die Rente zum Leben nicht reicht?
In diesen Fällen ist eine sozial- und familienrechtliche Beratung wichtig. „Das Sozialgesetzbuch ist sehr vielschichtig“, erläutert Michaelsen. Hier gibt es kein Patentrezept. Die letzte Rettung ist in solchen Fällen immer noch die Sozialhilfe oder Hartz IV. Aber auch Stiftungen unterstützen Waisen in Deutschland finanziell. Will ein Waise studieren, hat er Anspruch auf Bafög. „Allerdings nur, wenn kein geerbtes Vermögen über 5200 Euro vorhanden ist“, sagt Anke Bellof, Anwältin für Erbrecht.
Wann kann ein Waise über sein Erbe verfügen?
Das Erbe wird in der Regel erst mit dem 18. Lebensjahr ausgezahlt. Ausnahmen gibt es immer. „Die erste Frage ist: Gibt es ein Testament?“, sagt Bellof. Einige Eltern haben auf diese Weise vorgesorgt, manche mit einem Testamentsvollstrecker. „Dieser handelt im Sinne des Erblassers und verwaltet dann das Erbe des Kindes bis dieses ausgezahlt werden soll“, erklärt Bellof.
Und wenn es kein Testament und keinen Testamentsvollstrecker gibt?
Dann übernimmt diese Aufgabe der Vormund des Kindes. „Der Vormund steht unter der Aufsicht des Familiengerichtes und darf das Erbe nicht verprassen“, sagt Rechtsanwältin Bellof. Hat der Waise beispielsweise Grundstücke oder Immobilien geerbt, darf der Vormund diese auch nur mit Genehmigung des Gerichtes verkaufen.