Wolfgang Schäuble: Drei Schüsse verändern sein Leben
Am Dienstag vor 20 Jahren feuerte ein Verwirrter mit einer Waffe auf Wolfgang Schäuble. Schäubles Attentäter stammt aus der Region, er war bereits vor dem Attentat in psychologischer Behandlung. Kurz nach den Schüssen wird er überwältigt. Im Mai 1991 wird er in Offenburg verurteilt.
Oppenau. Es war der Abend des 12. Oktober 1990, der auf den heutigen Bundesfinanzminister noch immer große Schatten wirft. Wolfgang Schäuble (CDU), damals Bundesinnenminister und einer der mächtigsten Politiker im gerade wiedervereinten Deutschland, wurde Opfer eines Attentäters.
Nach einer Wahlkampfveranstaltung im badischen Oppenau feuerte ein geistig verwirrter Mann drei Schüsse auf Schäuble ab.
Seit diesem Tag ist der heute 68 Jahre alte Spitzenpolitiker an den Rollstuhl gefesselt. Er muss als Folge mit dauerhaften gesundheitlichen Probleme kämpfen. Weil eine Operationswunde nicht ordentlich verheilt, liegt er derzeit im Krankenhaus, kämpft gegen Rücktrittsspekulationen.
Rückblick: Das kleine Schwarzwald-Dorf Oppenau liegt in Schäubles Wahlkreis. In der Gaststätte "Brauerei Bruder" hält der damals 48-Jährige an diesem Abend eine Wahlkampfrede. Danach bleibt er eine Weile. Die Stimmung ist gut. Sechs Wochen zuvor hatte Schäuble den Vertrag zur Deutschen Einheit unterzeichnet.
Als Schäuble kurz nach 22 Uhr umringt von zahlreichen Menschen den Saal verlässt, folgt ihm ein damals 37 Jahre alter Mann, der bis dahin unauffällig im Publikum gesessen hatte.
Am Ausgang zieht der geistig Verwirrte einen Revolver und feuert aus knapp einem halben Meter Entfernung drei Schüsse ab. Zwei davon treffen Schäuble in den Rücken und am Hals. Die dritte Kugel bohrt sich in den Körper eines Personenschützers.
"Wir waren total geschockt. Nach einem kurzen Moment brach ein wildes Durcheinander los", erinnert sich ein früherer Mitarbeiter.
Auch Schäubles Tochter wird Zeugin der Schüsse. "Ich spüre meine Beine nicht mehr", sagt der Politiker, kurz bevor er das Bewusstsein verliert.
Der lebensgefährlich verletzte Schäuble wird zunächst ins Kreiskrankenhaus Oberkirch und später mit dem Rettungshubschrauber in die Universitätsklinik Freiburg gebracht, wo Ärzte fünf Stunden um sein Leben ringen. Schnell wird klar, dass Schäuble nie wieder wird gehen können. Er ist vom dritten Brustwirbel abwärts gelähmt.
Doch Schäuble gibt nicht auf. Mit eiserner Disziplin nimmt er nur wenige Monate nach dem Attentat im Rollstuhl seine Amtsgeschäfte wieder auf. Er gilt als äußerst willensstark. Den Abschied aus der Politik, zu dem ihm die Familie rät, lehnt er ab. "Nehmt mir das nicht auch noch", sagt er.
Schäubles Attentäter stammt aus der Region, er war bereits vor dem Attentat in psychologischer Behandlung. Kurz nach den Schüssen wird er überwältigt. Im Mai 1991 wird er in Offenburg verurteilt. Weil das Gericht bei dem Mann einen Verfolgungswahn feststellte, wurde er in eine geschlossene psychiatrische Anstalt eingewiesen.
Dort ist er noch heute in Behandlung. Die Waffe und die Patronen hatte der 37-Jährige aus dem Waffenschrank seines Vaters, einem örtlichen Bürgermeister, entwendet. Schäuble hat er später in Briefen und in einem Radiointerview um Entschuldigung gebeten.