XXL-Lkw auf deutschen Straßen
Berlin plant einen bundesweiten Feldversuch. ADAC ist kritisch, Speditionen sind begeistert.
Düsseldorf. Sie sind groß, extrem lang - und sie rollen bald wieder über unsere Straßen: Sogenannte Gigaliner, mehr als 25 Meter lange Lkw, sollen nach dem Willen des Bundesverkehrsministeriums als Transportmittel der Zukunft getestet werden. "Ein bundesweiter Feldversuch soll voraussichtlich 2011 beginnen; ein genaues Datum steht aber noch nicht fest", bestätigte ein Ministeriumssprecher.
Eine Arbeitsgruppe arbeite derzeit noch am genauen Konzept des Versuchs. Insbesondere sei noch nicht endgültig geklärt, wie viele der XXL-Lkw teilnehmen werden und auf welchen Routen sie fahren dürfen. "Diese längeren Fahrzeuge eignen sich nicht für das nachgeordnete Straßennetz oder den städtischen Bereich", erklärte der Sprecher.
NRW-Verkehrsminister Lutz Lienenkämper (CDU) steht nach Angaben einer Sprecherin dem Feldversuch "durchaus positiv" gegenüber: "Wir hatten ja bereits 2007 einen kleinen Feldversuch in NRW und haben da sehr positive Erfahrungen gemacht." An dem auf anderthalb Jahre befristeten Test hatten 20 Speditionen teilgenommen - und dabei im Schnitt ein Drittel ihrer Fahrten einsparen können. Dies habe naturgemäß positive Auswirkungen auf den Spritverbrauch und damit auch auf die Umwelt.
Unumstritten sind die XXL-Lkw aber nicht. Auch beim ADAC, der bereits den Versuch in NRW abgelehnt hatte, gibt es Bedenken. Sprecher Dieter Wirsich: "Diese extrem langen Lkw sorgen für kritische Situationen, sobald sie von der geraden Autobahn herunter sind." So seien die Radien vieler Kreisverkehre zu eng für die mehr als 25 Meter langen Gigaliner.
"Auch bei engen Kurven kann es Probleme geben", sagt Wirsich. Zudem können die Gigaliner bei Überholmanövern von Pkw für gefährliche Situationen sorgen. Wirsich: "Als normaler Pkw-Fahrer kann ich von hinten doch gar nicht sehen, was für ein Riesenteil ich da vor mir habe, und dass der Überholweg sehr viel länger ist als bei einem normalen Lkw."
Der ADAC werde den bundesweiten Test nicht verhindern können, sagt Wirsich. "Aber wir wollen dafür sorgen, dass er unter realistischen Bedingungen stattfindet - und nicht nur auf der Autobahn."
Bei der Nettetaler Spedition Sauels hingegen begrüßt man den erneuten Versuch ganz ausdrücklich. "Wir haben schon an dem ersten Versuch teilgenommen, könnten sofort wieder einen Gigalinerzug zusammenstellen", sagt Speditionsleiter Hans-Josef Pot d’Or begeistert.
"Unser Fahrer ist mit dem Gigaliner wie mit einem ganz normalen Lkw nach Porta Westfalica gefahren - Probleme gab es nie." Dafür aber sehr gute wirtschaftliche Erfahrungen. Pot d’Or: "Wir konnten im Versuchszeitraum unser Ladevolumen um 50 Prozent steigern - bei nur etwa ein bis zwei Liter Diesel pro Kilometer mehr. Das ist eine um 50 Prozent geringere Umweltbelastung."
Die guten Erfahrungen hofft Pot d’Or bei einem bundesweiten Test noch steigern zu können: "Der erste Versuch war auf NRW beschränkt. Deshalb konnten wir damals unseren Sammelpunkt in Niedersachsen nicht mit dem Gigaliner anfahren. Wenn der Versuch jetzt bundesweit gestartet wird, ergeben sich daraus für uns enorme Möglichkeiten."