Yannick Noah - der Liebling der Franzosen
In den Achtzigern begeisterte Yannick Noah auf dem Tennisplatz, heute als Popsänger. Frankreich verehrt ihn.
Paris. Die berühmten Rasta-Locken lässt er in seinen umjubelten Konzerten noch genauso ungestüm durch die Luft wirbeln wie einst beim furiosen Volley-Spiel auf dem roten Ascheplatz. Nur der ziemlich ergraute Dreitage-Bart verrät, dass Yannick Noah soeben die 50 überschritten hat.
Mit dem einstigen Tennis-Idol verhält es sich wie mit einem guten Tropfen Bordeaux: je älter, desto charaktervoller. Die Franzosen lieben Yannick Noah: Schon wieder kürten sie ihn zur beliebtesten Persönlichkeit des Landes.
Damit steht der sympathische Rasta-Mann schon zum achten Mal in der nationalen Popularitätsskala ganz oben. Angesichts des angekündigten harten Vorgehens des französischen Staatspräsidenten gegen gewalttätige Zuwanderer aus Afrika wird Noahs Kür diesmal sogar zu einem Politikum.
Denn als Sohn eines kamerunischen Einwanderers sieht sich Yannick Noah auch als Repräsentant der Zuwanderer. Warum adeln die Franzosen ausgerechnet Yannick Noah zum "chouchou", zum Liebling der Nation?
Der sportliche Erfolg ist nur eine Seite der Medaille. Als der kleine Yannick in der kamerunischen Hauptstadt Yaoundé aufwächst, bewundert er die schwarze US-Tennislegende Arthur Ashe und träumt von einer ähnlichen Tenniskarriere.
Ein Wunsch, der 1983 in Erfüllung geht: Noah gewinnt nach fast 40 Jahren als erster Franzose die prestigeträchtigen French Open, er erklimmt Platz 3 der Weltrangliste und führt die Equipe Tricolore als Kapitän zwei Mal zum Davis-Cup-Sieg.
Was auch immer das einstige Wunderkind anfasst - es gelingt. Der atemberaubenden Karriere auf dem Tennisplatz folgt der steile Aufstieg in den frankophonen Pop-Himmel: 1990 feiert Noah mit dem Hit "Saga Africa" ein glanzvolles Debüt. Seine Platten gehen millionenfach über die Ladentheke.
In zwei Wochen erscheint seine neue CD "Frontières", und der Vorverkauf für das Konzert im "Stade de France" Ende September läuft auf Hochtouren.
Natürlich versteht es Yannick Noah, seine Prominenz auch jenseits von Tennisplätzen und Bühnen zu versilbern, etwa als Sympathieträger in TV-Werbespots. Doch hinter dem "Spaßvogel" kommt immer häufiger der ernste Noah zum Vorschein, der seine Popularität für die Ärmsten und Menschen am Rande der Gesellschaft einsetzt. Er ist zu einer moralischen Instanz geworden.
Als Nicolas Sarkozy 2005 ankündigte, die Banlieue (soziale Brennpunkte am Rand von Großstädten) "durchkärchern" zu wollen, drohte Noah sogar damit, das Land im Falle eines Sarkozy-Wahlsiegs zu verlassen. Nun, Sarkozy wurde Präsident - und Noah ist trotzdem geblieben.
Aber der Versuchung, sich vom Hausherrn im Elysée-Palast umgarnen zu lassen, hat er stets widerstanden. Selbst die präsidiale Bitte, gegen ein üppiges Honorar ein Konzert am Nationalfeiertag 14. Juli zu geben, schlug Yannick Noah brüsk ab. Er lasse sich "nicht kaufen".