Polizei Zwangsheirat: GdP fordert schärferes Gesetz

Erzwungene Eheschließungen stehen nicht unter Strafe, wenn sie rein religiös sind. Die Gewerkschaft der Polizei prangert das an.

Foto: dpa

Hilden. Anlässlich des internationalen Aktionstages gegen Gewalt an Frauen am Mittwoch hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hilden zu einer wirksameren Bekämpfung von Zwangsheirat aufgerufen. GdP-Bundesfrauenvorsitzende Dagmar Hölzl bezeichnete die erzwungene Eheschließung als „eine Menschenrechtsverletzung, gegen die nachdrücklich vorgegangen werden muss“.

Noch bewege sich die Polizei in einem Dunkelfeld, das schwer aufzuhellen sei. Das unterstreicht die vage Zahlengrundlage. Die bisher einzige Studie zu dem Thema nennt für 2008 gut 3400 Fällen in Deutschland — das dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein. Hölzl ordnete ein: „Das sind nur die Betroffenen, die gezählt wurden, weil sie sich an eine Beratungsstelle gewandt haben.“ Doch viel zu oft ist bei den Opfern, die in fast jedem dritten Fall 17 Jahre und jünger sind, der soziale Druck und die Angst vor Gewalt und empfindlichen Bestrafungen durch die Familie zu groß.

Elke Gündner-Ede aus dem GdP-Bundesvorstand warnte davor, die Zwangsheirat nur mit dem Islam zu verknüpfen. Ins öffentliche Bewusstsein rückte dieser Zusammenhang mit dem Ehrenmord an der Deutsch-Türkin Hatun Sürücü 2005 in Berlin. Doch Gündner-Ede erklärte: „Erzwungene Heiraten gibt es in allen patriarchalen Ehrkulturen.“ So etwa auch bei orthodoxen Juden und auch bei christlich geprägten Familien. „Auch dort kann man enterbt und entliebt werden“, berichtete Elke Gündner-Ede.

Doch wird so etwas bestraft? An der Frage zeigt sich, wie schwer das Thema zu packen ist, wie leicht der Straftatbestand Zwangsheirat im Privaten unsichtbar werden kann. Noch vor einigen Jahren waren Täter kaum juristisch zu belangen. In den meisten Fällen wurden die Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt. Seit 2011 ist Zwangsheirat ein eigener Paragraf im Strafgesetzbuch und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren belangt werden.

Doch für die GdP-Frauen geht das Gesetz noch nicht weit genug. Dagmar Hölzl sagt: „Der Paragraf muss erweitert werden. Auch wenn eine Zwangsehe beispielsweise nur vor einem Imam geschlossen wurde, muss sie bestraft werden können.“ Bislang zielt das geltende Recht nur auf staatlich anerkannte Eheschließungen ab. Darüber hinaus tritt die Frauengruppe für eine finanzielle Absicherung von Notunterkünften und Beratungsstellen ein. Hölzl: „Wir als Polizei können die Probleme feststellen, aber nicht lösen.“

In Niedersachsen ist die Polizei bereits weiter als in Nordrhein-Westfalen. Fulya Kurun von der Polizeidirektion Hannover ist eine von landesweit sechs festen Mitarbeitern, die sich auch mit dem Thema Zwangsheirat auseinander setzen. Sie berichtete, dass in einigen Fällen durch Mediation eine Deeskalation möglich ist. „Zwar gehen die Frauen am Ende nicht in die Familie zurück, aber es gibt kein Bedrohungsszenario mehr.“