Ägypten: Haft für tödliche Fußballkrawalle

Istanbul/Kairo (dpa) - Wegen der tödlichen Krawalle nach einem Fußballspiel vor mehr als einem Jahr sind in Ägypten rabiate Fans und Polizisten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Das Gericht in Kairo bestätigte am Samstag zugleich 21 Todesurteile, die bereits vor gut einem Monat in dem Verfahren ausgesprochen worden waren. Für Ärger sorgen vor allem Freisprüche für sieben Polizisten. Fans beider rivalisierender Fußballclubs äußerten sich darüber enttäuscht.

Am 1. Februar 2012 waren bei Ausschreitungen in der Hafenstadt Port Said 74 Menschen ums Leben gekommen, als Fans des örtlichen Vereins Al-Masri nach dem Abpfiff brutal auf Anhänger des rivalisierenden Al-Ahli-Clubs losgingen.

Der damals zuständige Polizeichef wurde nun wie ein weiterer Polizist und acht andere Angeklagte zu 15 Jahren Haft verurteilt. Fünf Angeklagte müssen lebenslang ins Gefängnis. Ausgesprochen wurden ferner sechs Haftstrafen über zehn Jahre und zwei über fünf Jahre. Ein Angeklagter muss ein Jahr hinter Gitter.

Neben den Haftstrafen gab es nach Angaben des Staatsfernsehens aber auch 28 Freisprüche - unter anderem für sieben der neun angeklagten Sicherheitskräfte. Insgesamt waren 73 Menschen im Zusammenhang mit der Fußballtragödie angeklagt - hauptsächlich Fans des Al-Masri-Clubs. Sie mussten sich wegen vorsätzlichen Mordes, grober Fahrlässigkeit oder Waffenbesitzes verantworten. Der Prozess war aus Sicherheitsgründen in die Polizeiakademie in Kairo verlegt worden. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Der erste Urteilsspruch in dem Verfahren hatte massive Ausschreitungen in der Region am Suez-Kanal zur Folge, bei denen mehr als 40 Menschen ums Leben kamen.

Diesmal reagierten Fans des Kairoer Al-Ahli-Clubs, aus deren Reihen die meisten Opfer der Krawalle kamen, zunächst gespalten auf das Urteil. Einige Anhänger des Teams feierten den Richterspruch, andere äußerten sich verärgert über die Freisprüche für die Polizeibeamten und forderten „Vergeltung“. Wütende Fans attackierten einen Polizeiclub.

In Port Said ist von einem politischen Prozess die Rede. Denn Fans des Kairoer Traditionsclubs Al-Ahli galten als Speerspitze der Revolution gegen den Langzeitpräsidenten Husni Mubarak und sind deshalb sehr populär. Die Opfer der Fußballtragödie gelten in Ägypten offiziell als „Märtyrer“.

Wegen der angespannten Lage hat das Militär den Schutz von Polizeieinrichtungen der Stadt übernommen. Landesweit ist die Zahl der diensttuenden Polizisten ohnehin ausgedünnt - etwa jeder vierte befindet sich im Streik. Die Polizei fühlt sich als Sündenbock der Nation - schlecht geschützt und stets beschuldigt.