Ägyptens Ex-Präsident Mubarak droht die Todesstrafe
Kairo (dpa) - Despotisch herrschte er über Ägypten, nun muss sich Ex-Staatschef Husni Mubarak im Krankenbett vor Richtern in Kairo verantworten. Der Staatsanwalt wirft dem 83-Jährigen die Tötung von Demonstranten vor.
Der Angeklagte weist die Vorwürfe zurück - ihm droht die Todesstrafe.
In der Polizeiakademie von Kairo begann am Mittwoch das Strafverfahren gegen den durch Massenproteste gestürzten 83-Jährigen wegen Tötung von Demonstranten, Amtsmissbrauchs und illegaler Bereicherung. Mit dem Ex-Staatschef sind seine zwei Söhne, der frühere Innenminister und weitere Mitarbeiter angeklagt. Sie streiten die Vorwürfe ab. Der Vorsitzende Richter Ahmed Rifaat vertagte das Verfahren auf den 15. August.
Millionen Ägypter, die der Live-Übertragung im staatlichen Fernsehen folgten, hielten den Atem an, als ihr fast 30 Jahre herrschender ehemaliger „Landesvater“ im Krankenbett in den Verhandlungssaal geschoben wurde. Er ist der erste Führer seines Landes, der sich wegen seiner Handlungen im Amt vor Gericht verantworten muss.
Mubarak wies alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurück. „Ich bestreite alle Anklagepunkte“, sagte er mit fester Stimme von seinem Krankenbett aus. „Ich habe derartige Verbrechen nicht begangen.“ Chefankläger Mustafa Suleiman hatte ihn zuvor beschuldigt, sich mit anderen zur Tötung von Demonstranten verschworen zu haben. Mubarak habe es in Kauf genommen, dass andere Menschen sterben, um selbst an der Macht zu bleiben.
Richter Rifaat ermahnte zu Beginn der Sitzung die rund 600 Zuschauer im Auditorium der nationalen Polizeiakademie, der Verhandlung ruhig und in Würde zu folgen. Der Saal war eigens für den Prozess vorbereitet worden. In ägyptischen Gerichtsgebäuden hätte es sonst keinen geeigneten Raum dieser Größe gegeben.
Zusammen mit Mubarak werden im selben Verfahren auch der frühere Innenminister Habib al-Adli und sechs ehemalige leitende Mitarbeiter aus dessen Ministerium beschuldigt. Auch ihnen droht im Falle einer Verurteilung die Todesstrafe. Wegen Korruption und Amtsmissbrauchs mussten außerdem Mubaraks Söhne Gamal und Alaa vor dem Richter erscheinen. In Abwesenheit angeklagt ist zudem der Geschäftsmann Hussein Salem, der nach Spanien floh.
Die Verhandlung wurde bald von Debatten um den Prozessablauf zwischen Richter Rifaat und dem Verteidigerteam der Angeklagten beherrscht, das mehr als 80 Anwälte umfasst. Mubaraks Verteidiger verlangten, dass der Chef des regierenden Militärrates, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, und Ex-Geheimdienstchef Omar Suleiman als Zeugen vorgeladen werden.
Tantawi war schon unter Mubarak Verteidigungsminister und ist es heute noch. Suleiman war von Mubarak während der Massenproteste zum Vizepräsidenten ernannt worden. Er verschwand inzwischen aus der Öffentlichkeit. Al-Adlis Anwälte legten gegen die Zusammenlegung des Prozesses ihres Mandaten, der bereits im April begonnen hatte, mit dem gegen die Mubaraks Beschwerde ein.
Aber auch die Anwälte der Angehörigen der Opfer des Mubarak-Regimes kamen in der ersten Sitzung ausführlich zu Wort. Sie beantragten, die Anklage auf weitere Beteiligte an der blutigen Gewalt im Januar auszudehnen. Sie fordern, Beweismaterial aus den im März gestürmten Staatssicherheitszentralen zuzulassen. Und sie verlangen die Vorlage der Listen mit den Namen der Heckenschützen, die gezielt auf Demonstranten geschossen hatten.
Bis zuletzt war unklar gewesen, ob der gestürzte Präsident tatsächlich im Gerichtssaal erscheinen würde. Sein Anwalt Farid al-Dib hatte beharrlich behauptet, Mubarak sei schwer krank. Am frühen Morgen wurde er jedoch in seiner Luxusklinik in Scharm el Scheich abgeholt und im Hubschrauber nach Kairo gebracht. Auf seinem Krankenbett hingestreckt wirkte er in der Verhandlung alt und gebrechlich, schien aber den Vorgängen aufmerksam zu folgen.
Nach dem Verhandlungstag wurde Mubarak nicht mehr nach Scharm el Scheich zurückgebracht, sondern in ein Militärkrankenhaus in Kairo. Vor der Polizeiakademie hatten sich schon am frühen Morgen mehrere hundert Gegner und Anhänger Mubaraks eingefunden. Bei Schlägereien mit Stöcken und Ledergürtel wurden im Laufe des Tages mindestens 61 Menschen verletzt. Rund 3000 Polizisten sicherten das Areal.
Mubarak war am 11. Februar unter dem Druck landesweiter Massenproteste nach fast 30 Jahren an der Macht abgetreten. Er zog sich in eine Klinik im Badeort Scharm el Scheich zurück, wo er formell unter Haft gestellt wurde. Seine Söhne mussten auf den Prozessbeginn als Untersuchungshäftlinge im Tora-Gefängnis bei Kairo warten.