Ägyptens neuer Präsident Mursi hat den Amtseid abgelegt
Kairo (dpa) - Historischer Schwur in Ägypten: Vor dem Hohen Verfassungsgericht in Kairo hat der erste freigewählte Präsident des Landes, der Islamist Mohammed Mursi, die Eidesformel gesprochen.
Sie verpflichtet ihn zu Loyalität gegenüber der republikanischen Staatsordnung, den Gesetzen und der Verfassung. Mursi ist der erste Zivilist, aber auch der erste Islamist, der das höchste Staatsamt innehat. Die Amtszeit beträgt vier Jahre.
Wenig später hielt Mursi am Samstag an der Universität Kairo seine erste Rede im Amt. „Wir treten in eine neue Phase ein und schließen ein verhasstes Kapitel ab“, erklärte er vor den geladenen Würdenträgern, unter ihnen der Chef des Obersten Militärrates, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, und Vertreter der koptischen Kirche. „In Ägypten lassen sich die Uhren nicht mehr zurückdrehen“, sagte er mit Blick auf den Umsturz vor mehr als 16 Monaten, als der seit 30 Jahren herrschende Ex-General Husni Mubarak nach Massenprotesten das Feld räumen musste.
Mursi sprach sich für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung aus, die den Präsidenten zum „Diener seines Volkes“ machen und „die Freiheit der Gedanken, des Ausdrucks und der Kreativität freisetzen“ soll. Zugleich dankte er dem Militärrat dafür, dass er sich an sein Versprechen gehalten habe und die Machtübergabe ermöglichte. Er betonte die Notwendigkeit, die „chaotischen Verhältnisse vor allem in der Wirtschaft“ zu beseitigen.
Die Vereidigung im Verfassungsgericht, dessen Richter noch Mubarak ernannt hatte, war nicht unumstritten. Der Militärrat, der seit dem Umsturz das Land regiert, hatte auf diesen Ort bestanden. Das Parlament, den eigentlichen Ort für den Präsidentenschwur, hatte das Gremium vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl im Juni aufgelöst.
Mursi und die konservative Muslimbruderschaft, deren Kandidat er war, hatten sich nur widerwillig der Forderung der Militärs gefügt. Bereits am Freitagabend hatte Mursi vor Zehntausenden Anhängern auf dem Tahrir-Platz in Kairo die Eidesformel gesprochen und damit den Schwur symbolisch vor der begeisterten Menge geleistet. „Keine Institution steht über dem Willen des Volkes“, rief Mursi. Denn das Volk sei die Quelle jeder Macht und Legitimität.
Mursi hatte sich in der Stichwahl im Juni gegen den inoffiziellen Kandidaten des Militärs, den ehemaligen Mubarak-Vertrauten Ahmed Schafik, durchgesetzt. Das Militär hatte, als sich Mursis Wahlsieg abzeichnete, die Vollmachten des Präsidenten stark eingeschränkt. Außerdem zog es die Befugnisse des aufgelösten Parlaments an sich, darunter die Budgethoheit. Mursi will in den nächsten Tagen Vize-Präsidenten und eine neue Regierung ernennen.