Analyse: Die reichen Chinesen drängen ins Ausland
Sie hoffen auf bessere Chancen für ihre Kinder sowie auf mehr Sicherheit für ihr Vermögen.
Peking. Fast die Hälfte der reichen Chinesen erwägt die Auswanderung. 14 Prozent besitzen schon die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes oder stecken im Antragsverfahren, ergab eine Umfrage des Hurun Instituts in Schanghai, das jedes Jahr die Liste der reichsten Chinesen herausgibt. Dass chinesische Reiche ihrer Heimat den Rücken kehren wollen, wird heiß diskutiert. Es sei eine „Abstimmung mit Füßen“, schreibt die Kolumnistin Zhang Yan. Sie zeigt Verständnis für die „rationale Wahl“ angesichts zunehmender Probleme und sozialer Konflikte.
Wirtschaftliche Entwicklung allein reiche nicht. Die Auswanderungswilligen suchen nach ihrer Ansicht im Ausland etwas, was sie in China offenbar nicht finden: „Ein Gefühl der Sicherheit, Zuversicht in die Zukunft der Gesellschaft, eine gute Umwelt, ausreichend Schutz des Eigentums, ein unabhängiges und gerechtes Rechtssystem und Respekt für die Entwicklung von Geschäftsleuten und privaten Unternehmen“, zählt sie auf. „Das gewöhnliche Volk hat kein Gefühl der Sicherheit. Seine Konflikte und Unzufriedenheit sind noch größer als bei Reichen“, schreibt Zhang Yan. „Nur dass die einfachen Leute meist nicht die Möglichkeit haben auszuwandern.“
Die befragten Reichen nannten vorrangig bessere Bildungschancen für die Kinder als Grund für eine Abwanderung — aber auch die Sorge um den Schutz ihres Eigentums in China inmitten politischer und wirtschaftlicher Ungewissheit. „Die große Unsicherheit, wie sicher der Besitz ist, hängt wie eine dunkle Wolke über ihren Köpfen“, schreibt die Wirtschaftskommentatorin Ye Tan in der „Nanfang Dushibao“. Chinas Millionäre zieht es vor allem in die USA und Kanada, aber auch nach Singapur und Europa.
Die Luftverschmutzung in Chinas Städten, die gerade in Peking dramatische Ausmaße annimmt, das Verkehrschaos, Schadstoffe im Wasser und Lebensmittelskandale tragen auch nicht gerade dazu bei, in der Heimat zu bleiben. „Auch wenn Reiche viel Geld haben, teilen sie doch Luft, Wasser, Nahrungsmittelsicherheit oder das Rechtssystem mit den einfachen Leuten“, schreibt Zhu Naijuan im „21st Century Business Herald“.
Immer wieder ist auch von Neid oder Spannungen wegen der Kluft zwischen Reich und Arm die Rede. Auch fallen superreiche Unternehmer in China manchmal sehr schnell ganz tief. Plötzlich wird ermittelt, gibt es Vorwürfe wegen Aktienmanipulationen oder Korruption.