Analyse: Frankreichs Rechte und die 500er-Hürde
Der extremistische „Front National“ könnte schon vor der Präsidentenwahl scheitern.
Paris. Es läuft augenscheinlich blendend für Marine Le Pen. Umfragen sehen die Vorsitzende des rechtsextremen „Front National“ (FN) in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl bei ausbaufähigen 16 bis 20 Prozent.
Die jüngste Tochter des Parteiführers Jean-Marie Le Pen kommt nicht nur beim klassischen Rechtsaußen-Milieu gut an, sondern auch in weiten Teilen der Arbeiterschicht, bei selbstständigen Handwerkern und Rechtsanwälten. In besonders optimistischen Prognosen erreicht die Kandidatin sogar die Stichwahl am 6. Mai. Nur noch eine Hürde steht ihr im Weg. Eine, die es in sich hat. Eine, die ihren Höhenflug sogar jäh beenden könnte: die sogenannte „500er-Regel“.
Sie zählt zu den Besonderheiten des ohnehin schon komplexen französischen Wahlsystems. Wer Staatsoberhaupt werden möchte, muss nicht nur älter als 18 Jahre und Franzose sein, sondern auch 500 Unterstützer-Unterschriften beibringen — von sogenannten Notabeln, also Mandatsträgern, aus dem ganzen Land beibringen. General Charles de Gaulle, der Republikgründer, ließ diese Klausel in die Verfassung einbauen, um Jux-Kandidaten zu verhindern und den Wettlauf um das höchste Staatsamt auf möglichst wenige, seriöse Bewerber zu beschränken.
Zunächst waren nur 100 Unterschriften erforderlich, seit 1976 müssen es 500 sein — gemessen an den 43 000 „Zeichnungsberechtigten“, überwiegend Bürgermeister und Mitglieder von Departement- und Regionalräten, eigentlich kein Problem. Weil der „Front National“ jedoch keinen einzigen Abgeordneten in der Nationalversammlung stellt und auch in der Provinz nur auf ein Häuflein Vertreter kommt, wird die Klausel für ihn seit jeher zu einer Zitterpartie. 1981 erlebte Jean-Marie Le Pen ein Fiasko, als er die 500 Unterschriften knapp verfehlte. Ende Januar hatte Marine Le Pen eigenen Angaben zufolge erst Zusagen für 350 Unterschriften beisammen.
Die Zeit wird knapp: Spätestens am 16. März um 18 Uhr muss sie dem Verfassungsrat „ihre“ Unterschriften vorlegen. Und falls es ihr nicht gelänge? Profitierte dann Nicolas Sarkozy von Marine Le Pens Ausstieg? Offenbar nicht. Dann, so belegt eine Umfrage, würden die meisten Front-Wähler der Präsidentenwahl aus Protest einfach fernbleiben.