Athen lehnt Reformvorschläge ab
Athen (dpa) - Nach dem Zahlungsaufschub des Internationalen Währungsfonds (IWF) bleibt Griechenland auf Konfrontationskurs zu den Geldgebern. Athen lehnt die Vorschläge der Euro-Partner und des IWF zur Lösung der Krise in dem hoch verschuldeten Land ab.
Trotzdem zeigte sich Regierungschef Alexis Tsipras am Abend überzeugt, dass es bald eine Einigung gebe: „Wir sind auf der Zielgeraden“, sagte er im Parlament in Athen. Eine Lösung sei so nahe „wie nie zuvor“. Seine Regierung habe einen umfassenden Vorschlag vorgelegt, er sei optimistisch, dass die Partner ihre Vorschläge zurücknähmen.
Die Gläubiger haben dem Vernehmen nach angeboten, die Sparauflagen für Athen zu lockern, verlangen aber im Gegenzug unter anderem Rentenkürzungen, Privatisierungen sowie Mehrwertsteuer-Änderungen. Diese Forderungen seien inakzeptabel und könnten keine Grundlage für eine Einigung sein, hieß es aus Kreisen der Links-Rechts-Regierung in Athen. Dies habe Tsipras in einem Telefonat auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsidenten François Hollande mitgeteilt.
Die Zeit drängt: Nach dem Zahlungsaufschub, den der IWF am Donnerstag im letzten Moment gewährte, muss Athen nun spätestens bis zum 30. Juni etwa 1,6 Milliarden Euro an den Währungsfonds zurückzahlen. Eigentlich wäre am Freitag eine Rate von mehr als 300 Millionen Euro fällig gewesen. Am 30. Juni endet auch das zweite Rettungspaket der internationalen Geldgeber. Sie haben die Auszahlung der letzten Tranche in Höhe von 7,2 Milliarden Euro an konkrete Reformzusagen geknüpft.
Weitere Kürzungen von Renten und Gehältern lehnt die Regierung in Athen aber strikt ab. Tsipras ist bereit, die Steuern zu erhöhen - etwa die Sonder-Solidaritätssteuer sowie die Luxussteuer. Die griechische Presse rechnet damit, dass die Vorschläge aus Athen 1,8 Milliarden Euro in die Staatskassen bringen werden. Die Vorschläge der Gläubiger würden sich auf drei Milliarden Euro belaufen.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz übte angesichts der Hängepartie scharfe Kritik an Athen und dem Linksbündnis Syriza von Tsipras. Die griechische Regierung gehe „bisweilen gewaltig auf die Nerven“, sagte der SPD-Politiker im ZDF. Es sei unverständlich, dass die reichsten Griechen 120 Milliarden Euro außer Landes gebracht hätten und große Reeder nicht besteuert würden: „Ich hab' die Faxen dicke.“
Spekulationen über ein Zerwürfnis Merkels mit Finanzminister Wolfgang Schäuble wies die Bundesregierung zurück. „Die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister arbeiten prima zusammen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Dies gelte insbesondere zu Griechenland. Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, Merkel habe eine Runde im Kanzleramt eingefädelt, ohne Schäuble vorher zu informieren.
Die Europäer und der IWF sind dem Vernehmen nach bereit, Athen in einigen Punkten entgegenzukommen. Auch könnten die Griechen auf 10,9 Milliarden Euro zurückgreifen, die eigentlich für die Rettung maroder Banken reserviert sind. Aus dem aktuellen Hilfspaket stehen weitere 7,2 Milliarden zur Verfügung. Die sind aber blockiert. Möglich ist, dass das Hilfsprogramm über Ende Juni hinaus nochmals verlängert wird. Im Gegenzug pochen die Gläubiger aber auf Reformen.
Athen dringt auf schwächere Vorgaben. Laut „Spiegel“ hat Athen ein Schuldenmoratorium ins Gespräch gebracht. Danach sollten die Zahlungen an IWF und EZB in diesem Jahr ausgesetzt werden.
Tsipras telefonierte am Freitag mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Athen und Moskau wollen enger im Bereich Energie kooperieren und erwägen den Weiterbau der neuen Gasleitung Turkish Stream über griechisches Territorium. Russland hatte Athen einen Milliardenkredit in Aussicht gestellt, sollte die Pipeline gebaut werden.