Ausstieg aus Wiener Atomabkommen Iran will Uran unlimitiert anreichern

Teheran · Der Iran ist de facto aus Wiener Atomabkommen ausgestiegen. Nun gibt es keine Verpflichtungen und auch keine Limitierungen mehr. Allerdings hält sich Teheran trotzdem mehrere Hintertüren offen.

Das Foto zeigt den Schwerwasserreaktor bei Arak. Iran will künftig Uran unbegrenzt anreichern.

Foto: dpa/Hamid Foroutan

Der Iran hat inmitten der schweren Spannungen zwischen Washington und Teheran angekündigt, dass er sich künftig dem Wiener Atomabkommen von 2015 nicht mehr verpflichtet fühlt. Teheran werde nun sein Atomprogramm unbegrenzt weiterführen und auch Uran unlimitiert anreichern, gab die iranische Regierung nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna am Sonntagabend in einer Presseerklärung bekannt. Weiterhin werde der Iran auch keine Beschränkungen für die Anzahl und Modelle seiner Zentrifugen mehr beachten und auch soviel angereichertes Uran wie nötig lagern.

Gleichzeitig machte der Iran in der Erklärung jedoch deutlich, dass sein Atomprogramm stets im Einklang mit seinen technischen Bedürfnissen sei. Damit bleibt unklar, bis zu welchem Grad der Iran sein Uran anreichern will. Auch die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA werde weitergeführt. Außerdem sei der Iran jederzeit bereit, voll und ganz zum Atomabkommen zurückkehren, sobald der Atomdeal vertragsgerecht umgesetzt und die US-Sanktionen aufgehoben würden. Damit hat sich der Iran nach Ansicht von Beobachtern erneut eine Hintertür für eine diplomatische Lösung offengelassen.

Die relativ harsche Entscheidung des Irans ist nach Einschätzung vieler Beobachter eine Reaktion auf die Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani bei einem US-Angriff in Bagdad in der Nacht zum Freitag.

Wenige Stunden zuvor hatte der Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Abbas Mussawi, noch lediglich einen weiteren Schritt im Teilausstieg des Landes aus dem internationalen Abkommen angekündigt. „Wir werden diesbezüglich am Abend eine wichtige Sitzung haben und über die fünfte Phase des Teilausstiegs entscheiden“, zitierte die Nachrichtenagentur Isna den Sprecher am Nachmittag.

Beobachter in Teheran schlossen zu diesem Zeitpunkt nicht aus, dass die Regierung mit einer weiteren Erhöhung der Urananreicherung auf 20 Prozent auf die Tötung Soleimani durch die US-Armee reagieren könnte. Der Iran hatte den USA „Rache“ für die Tötung des Generals geschworen. In der Region geht die Angst vor einer weiteren Eskalation der Lage und kriegerischen Auseinandersetzungen um.

Die USA hatten den Vertrag im Mai 2018 einseitig aufgekündigt und danach wieder scharfe Sanktionen gegen Teheran verhängt. Vor allem die Sanktionen gegen den Erdgas- und Ölsektor lösten eine schwere Wirtschaftskrise im Iran aus. Trotz der Sanktionen hatte sich das Land aber ein Jahr weiter an das Atomabkommen gehalten, während die Europäer weitgehend vergeblich versuchten, den im Abkommen versprochenen Handel trotz der US-Sanktionen aufrecht zu erhalten. Im Mai vergangenen Jahres begann Teheran dann allerdings, schrittweise gegen Auflagen des Atomabkommens zu verstoßen. So reicherte es inzwischen mehr Uran auf höhere Konzentrationen an als im Abkommen erlaubt.

(dpa)