Belgien plant Sterbehilfe für todkranke Kinder

Gesetz noch nicht verabschiedet. Massive Kritik. Kirchen zeigen sich „enttäuscht“.

Brüssel. Belgien ist auf dem Weg, auch Kindern das Recht auf Lebensabbruch mit medizinischer Hilfe zu geben. Die Kirchen sind dagegen, Sozialdemokraten, Liberale und Grüne dafür. Die medizinische Zunft ist gespalten.

Der zuständige Ausschuss im Senat, die zweite Parlamentskammer, brachte jetzt die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe für Minderjährige auf den parlamentarischen Weg. Dagegen stimmten nur die Vertreter der Christdemokraten und der flämischen Nationalisten. Die Kirchen — Christen, Juden, Muslime — bekundeten in einer gemeinsamen Erklärung „Enttäuschung und Trauer“.

Verabschiedet ist das Gesetz allerdings erst, wenn der gesamte Senat und die Abgeordnetenkammer zugestimmt haben. Es sieht die Möglichkeit aktiver Sterbehilfe für Kinder — egal welchen Alters — vor, wenn sie unerträgliche Schmerzen leiden und absehbar ist, dass ihre Krankheit binnen Jahresfrist zum Tode führt.

Die Zustimmung beider Eltern ist erforderlich. Nach Experten-Schätzungen könnte es in Belgien pro Jahr zehn bis 15 einschlägige Fälle geben, vor allem bei Kindern mit Leukämie oder Hirntumoren.

Die Benelux-Länder sind mit der Legalisierung der Sterbehilfe die Ausnahme in Europa. In Belgien machten im vergangenen Jahr 1432 Menschen — mehr als je zuvor — von der Möglichkeit Gebrauch, mit Hilfe der Ärzte ihrem Leben ein Ende zu setzen, eine Zunahme der Zahl der Fälle um mehr als ein Viertel.

Voraussetzung für den Freitod mit Hilfe Dritter ist die Unheilbarkeit des Leidens, sei es körperlich oder seelisch. Bei Erwachsenen muss es sich aber nicht um eine tödliche Krankheit handeln.

Der Arzt muss bestätigen, dass Linderung durch Behandlung unmöglich und das Sterbeverlangen des Patienten dauerhaft ist. Die Schwere des Leidens ist durch einen zweiten Mediziner zu beglaubigen. Der Patient muss seinen Wunsch schriftlich oder, wenn das nicht geht, über eine Vertrauensperson bekunden, die aus dem Tod des Patienten keinerlei materiellen Vorteil ziehen darf.