Berlusconi bleibt im Amt - Schwere Krawalle in Rom
Rom (dpa) - Der angeschlagene italienische Regierungschef Silvio Berlusconi bleibt auch ohne sichere parlamentarische Mehrheit im Amt. Mit nur drei Stimmen Vorsprung wehrte er einen Misstrauensantrag der Opposition äußerst knapp ab.
Bei der Abstimmung sprachen ihm am Dienstag in der Abgeordnetenkammer in Rom 311 Parlamentarier das Misstrauen aus, 314 votierten für ihn. Begleitet wurde sein Sieg von schweren Krawallen in Rom. Hunderte Berlusconi-Gegner und autonome Demonstranten verwüsteten bei Straßenschlachten mit der Polizei Teile der Altstadt. Mehr als 100 Menschen wurden verletzt.
Am Abend erneuerte Berlusconi das Angebot, mit der gemäßigten, Zentrumspartei UDC von Pier Ferdinando Casini zusammenzuarbeiten. Ein Einschluss der UDC in die Regierung sei durchaus denkbar, erklärte Berlusconi. Neuwahlen seien nicht wünschenswert für Italien, habe auch Staatspräsident Giorgio Napolitano deutlich gemacht, so Berlusconi. Der 74-Jährige hatte das Staatsoberhaupt zuvor im Quirinale-Palast über den Abstimmungstag im Parlament und seine Vorstellungen über das weitere Vorgehen informiert.
Berlusconi hatte in einer Regierungserklärung am Vortag alle gemäßigten Kräfte des Parlaments zur Zusammenarbeit aufgerufen. Dabei nahm er vor allem Casinis UDC als möglichen Partner für ein breiteres Bündnis ins Visier. Von seiner Partei gebe es kein Veto gegen die UDC, hatte auch Berlusconis Bündnispartner Umberto Bossi von der rechtspopulistischen Lega Nord bereits erklärt.
Berlusconis Lager hatte das Abstimmungsergebnis in der Kammer erleichtert und mit tosendem Applaus begrüßt. Zahlreiche Abgeordnete schwenkten die italienische Trikolore-Flagge. Andere forderten in Sprechchören den Rücktritt von Abgeordnetenhauspräsident Gianfranco Fini - Berlusconis einstigem Bündnispartner und seinen heutigen Herausforderer. Während der Abstimmung kam es zu einem Handgemenge zwischen aufgebrachten Parlamentariern beider Lager. Fini werde aber nicht zurücktreten, teilte sein Sprecher Fabrizio Alfano dazu mit.
Im Senat, wo Berlusconi selbst die Vertrauensfrage stellte, hatte der Regierungschef zuvor mit 162 gegen 135 Stimmen die erste Hürde genommen. Er entging so erneut einem Sturz ins politische Abseits.
Berlusconi hat im Parlament seit dem Bruch mit seinem früheren Bündnispartner Fini Ende Juli keine Mehrheit mehr. Schon im September gewann er trotzdem eine Vertrauensabstimmung. Doch wie es jetzt weitergehen soll, ist offen. Mit so knapper Mehrheit könne man nicht regieren, meinten Mitglieder der Opposition. Selbst Berlusconis Koalitionspartner Bossi hatte mehrfach für Neuwahlen plädiert. Seine Partei könnte nach jüngsten Umfragen bei einem Urnengang deutlich zulegen.
Herausforderer Fini hatte Berlusconi wiederholt zum Rücktritt aufgefordert, um damit den Weg für eine neue Mitte-Rechts-Regierung freizumachen. Dies lehnte Berlusconi kategorisch ab. Sollte er das Vertrauen nicht mehr bekommen, werde es Neuwahlen geben, sagte er. Für den 58-jährigen Fini ist dieser gescheiterte Misstrauensantrag gegen Berlusconi eine äußerst schwere Niederlage. Drei seiner FLI- Abgeordneten schlossen sich dem Votum gegen Berlusconi nicht an.
Während der Abstimmung im Parlament kam es in der Umgebung zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Berlusconi-Gegnern - darunter auch viele Studenten und Schüler - und der Polizei. Randalierende Demonstranten setzten unter anderem ein Fahrzeug der Stadtreinigung und ein Auto der Finanzpolizei in Brand. Andere zündeten im Zentrum von Rom drei Sprengsätze in einer Gasse nahe dem Abgeordnetenhaus und bewarfen die Polizei mit Eiern und Farbbeuteln. Sowohl Demonstranten als auch Polizeibeamte wurden verletzt, berichteten nationale Medien.