Berlusconi will 2013 nicht mehr antreten

Rom (dpa) - Der skandalumwitterte Silvio Berlusconi bestimmt die Politik Italiens seit fast zwei Jahrzehnten. Nun kündigt er in einem Zeitungsinterview seinen Abgang für 2013 an - nicht ganz unerwartet.

Der heutige Justizminister Angelino Alfano werde 2013 als Kandidat des Mitte-Rechts-Lagers antreten, erklärte der 74-jährige Medienzar in einem Interview der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ (Freitag). Was im Ausland wie ein Paukenschlag klingen mag, verhallte in Italien zunächst ohne großes Echo. Ist es doch nicht das erste Mal, dass der Premier laut über einen Rückzug nachdenkt - innenpolitisch angeschlagen nach den zahlreichen Sex- und Justizskandalen der vergangenen Jahre.

„Ich mache noch die Wahlkampagne und helfe Alfano als "nobler Vater", aber mit 77 ist man nicht mehr Regierungschef“, beteuerte Berlusconi. Darüber seien sich auch in der Koalition alle einig. Der 40-jährige gebürtige Sizilianer Alfano gilt schon länger als politischer Ziehsohn Berlusconis und wurde schon öfter als möglicher Nachfolger des „Cavaliere“ gehandelt. Er wurde Anfang Juli neuer Chef von Berlusconis Regierungspartei PdL (Volk der Freiheit).

Beobachter gaben bisher einer funktionierenden Zusammenarbeit zwischen dem christdemokratisch konservativ geprägten Alfano und dem aktuellen Bündnispartner Berlusconis, der rechtspopulistischen Partei Lega Nord, allerdings nur geringe Chancen. Ohne die Stimmen der Lega hätte Berlusconi keine Regierungsmehrheit.

Aus den Reihen der Regierung reagierte zunächst allerdings nur der Regionalpräsident der Lombardei, Roberto Formigoni, mit Skepsis. „Alfano wäre eine perfekte Lösung für die Kandidatur 2013, aber entscheiden muss unser Wahlvolk, für eine Entscheidung von oben gibt es keinen Spielraum“, plädierte der Norditaliener, dem schon lange ebenfalls Premier-Ambitionen nachgesagt werden, für Vorwahlen der Partei.

Die PdL-Abgeordnete Isabella Bertolini lobte hingegen Berlusconis Ankündigung als „wahre Herausforderung für die Opposition“, die sich nicht mehr in einen bloßen „Anti-Berlusconismus“ stürzen könne. Die Opposition ließ die Ankündigung links liegen oder konterte mit Sarkasmus.

„Mir scheint, die Italiener haben Berlusconi gezeigt, dass er seine Glaubwürdigkeit verloren hat, selbst wenn es nur um (Prognosen für) die nächsten Tage geht“, winkte etwa Pierluigi Bersani, Chef der größten linken Oppositionspartei PD (Demokratische Partei) ab. Noch weniger könne der Regierungschef daher ernst genommen werden, wenn sich seine Ankündigungen auf die kommenden Jahre bezögen, so Bersani.

Tatsächlich wirkt Berlusconi zunehmend innenpolitisch geschwächt. Während er sich 2010 nach dem herben Bruch mit seinem ehemaligen Verbündeten Gianfranco Fini noch zu behaupten wusste, machten ihm die Sex- und Justizskandale - allen voran der „Ruby“-Prozess um Sex mit einer minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch - zu schaffen. Zuletzt musste er mehrere politische Niederlagen hinnehmen.

Ende Mai verlor Berlusconi haushoch bei Kommunalwahlen, die er selbst zu einem Stimmungstest für seine Regierung erklärt hatte. Besonders schmerzhaft war die Niederlage in seiner politischen Hochburg und Heimat Mailand. Kurz darauf folgte als schallende Ohrfeige das Debakel bei einer Volksabstimmung unter anderem über den von ihm vorangetrieben Wiedereinstieg in die Atomkraft. Das Ende der „Ära Berlusconi“ ist nah, prophezeiten seine Gegner.

Daher verwundert es wenig, wenn der Medienmogul nun der „Repubblica“ versichert: „Wenn ich könnte, würde ich schon heute aufhören.“ Seine Niederlagen haben der schwachen linken Opposition erstmals wieder Aufwind gegeben. Und nach dem jüngst beschlossenen Sparplan - laut Wirtschaftsminister Giulio Tremonti „dringend notwendig“, um Italien vor einem griechischen Schicksal zu retten - stehen dem Land in der nächsten Legislaturperiode harte Zeiten bevor.

Auch Ambitionen auf das Amt des Staatschefs, die ihm seit langem nachgesagt werden, wies Berlusconi von sich. „Das ist nichts für mich“, erklärte er. Im „Palazzo del Quirinale“ sehe er eher seinen Getreuen Gianni Letta: „Letta ist der richtige Mann, ein großer Mann, der auch die Stimmen der Linken hätte.“