Berlusconi wittert Morgenluft
Ämterverbot wird nur halb ernst genommen. Seine Partei sieht ihn 2015 wieder im Wahlkampf.
Rom. Das politische Italien hielt den Atem an. Brechen die höchsten Richter jetzt endgültig den Stab über Silvio Berlusconi, und löst das eine Regierungskrise aus? Oder signalisiert der Kassationsgerichtshof Entspannung und gibt den Fall an die untere Instanz zurück? Nach mehreren Verhandlungstagen und sieben Stunden angespannten Wartens dann der Spruch der Richter: Berlusconis vierjährige Haftstrafe wird definitiv. Allerdings wird sie wegen seines Alters sofort auf ein Jahr reduziert, das der 76-Jährige in Sozialstunden ableisten oder aber in einem Hausarrest absitzen kann.
Und die Politik muss er auch nicht aufgeben. Denn das ihm auferlegte Ämterverbot gaben die obersten Richter in ihrem Urteil an die Berufungsinstanz in Mailand zurück. Aber wie kann die Regierung mit dem rechtskräftig Verurteilten künftig umgehen?
Ausgerechnet die — von Berlusconi so gehasste — Staatsanwaltschaft hatte dem skandalerfahrenen Berlusconi zuvor etwas Optimismus verschafft. Als Anklagevertreter Antonio Mura im Plädoyer meinte, das dem Senator Berlusconi mit einem Schuldspruch drohende Verbot öffentlicher Ämter müsse von fünf auf drei Jahre gekürzt werden, da witterte das Mitte-Rechts-Lager des „Cavaliere“, wie sie ihn nennen, Morgenluft. Wenn es dann auf etwa 18 Monate hinausliefe, dann könnte er 2015 bei Wahlen schon wieder antreten. So jedenfalls wollte die linksliberale „La Repubblica“ Berlusconi verstanden haben.
Der Rechtspolitiker ist für seine Sex-Skandale bekannt, für üble Sprüche unter der Gürtellinie, aber auch als Stehaufmännchen. Auch jetzt dürfte der politisch so oft totgesagte Berlusconi noch nicht am Ende sein.
Denn der gewiefte Taktiker weiß: Sein Lager braucht ihn als Führungsfigur, auch die Regierung braucht ihn, um das reformbedürftige Italien endlich aus der tiefen Krise zu bringen.