Boris Beresowski: Tod eines Strippenziehers
Putins Erzfeind Boris Beresowski stirbt überraschend im britischen Exil. Er war ein Dauer-Streitfall zwischen Briten und Russen.
London/Moskau. Die Szenerie könnte englischer kaum sein: ein großzügiges Anwesen, Holzzäune, ein Teich, grüne Wiesen drumherum. Fast idyllisch wirkt das Gelände mit dem grau getünchten Haus, in dem am Samstag die Leiche von Boris Beresowski gefunden wurde. Im Badezimmer. Todesumstände noch unklar.
Die Geschichte hinter dem Tod des Oligarchen im Exil ist aber eine sehr russische: Sie handelt vom Aufstieg und Fall eines einflussreichen Multimilliardärs nach dem Zerfall der Sowjetunion. Es geht um Geld, Macht, politische Ränkespiele und zerbrochene Freundschaften.
Beresowski wird von Wegbegleitern als Strippenzieher beschrieben, als einer, der das Leben als Schachbrett gesehen hat. Er war Vertrauter des russischen Präsidenten Boris Jelzin, unterhielt lange sehr enge Beziehungen zu Wladimir Putin und dem Oligarchen Roman Abramowitsch.
Eine Niederlage vor Gericht im Milliardenstreit mit dem Eigner des Londoner Fußballclubs FC Chelsea hat dem 67-Jährigen nach Darstellung von Freunden das Genick gebrochen.
Er sei geknickt und vielleicht depressiv gewesen, habe die Welt nicht mehr verstanden, sagen nun diejenigen, die ihn kannten. So richtig war der Tod noch gar nicht bestätigt, da meldete sich schon Putins Sprecher Dmitri Peskow im Moskauer Staatsfernsehen zu Wort: Erst vor zwei Monaten habe Beresowski einen sehr persönlichen Brief an Putin geschrieben und darin Fehler eingeräumt.
Beresowski soll Reue gezeigt, seinem Erzfeind die Hand gereicht, um Vergebung und die Chance auf eine Rückkehr gebeten haben, behauptet Peskow.
Passend dazu berichtet in Moskau der Reporter Ilja Schegulew im Internetportal des Magazins „Forbes“, er habe Beresowski noch am Freitag in London getroffen. Der Exilant habe ihm gesagt, er sehe im Kampf gegen das russische System keinen Sinn mehr. Auch vom Westen sei er enttäuscht wegen des verlorenen Prozesses gegen Abramowitsch und wolle wieder als Mathematiker in Moskau arbeiten.
Beobachter meinen, dass Beresowski, der als Finanzier der Orangenen Revolution in der Ukraine 2004 und der Rosenrevolution in Georgien 2003 genannt wurde, viel Geld verloren hat. Die Tragik liege darin, dass sich angesichts seiner Machenschaften nicht einmal die Opposition in Russland offen mit dem Kremlkritiker eingelassen hätte, sagte Politologe Alexej Makarkin.
Drehte sich alles ums Geld? „Beresowski ist ein Mann, der sich unter finanziellem Druck befindet“, diagnostizierte der Londoner High-Court-Richter Sir George Mann. Es ging um Geldforderungen von Beresowskis Ex-Freundin und Mutter seiner Kinder, Jelena Gorbunowa. Im Dezember 2012 hatte das Gericht 235 Millionen Euro eingefroren. Die privaten Querelen ließen das politische Gewicht des Mannes in den Hintergrund treten.
Trotzdem galt Beresowski bis zuletzt als ewiger Streitfall im unterkühlten russisch-britischen Verhältnis. Die Russen verfolgten ihn als Wirtschaftskriminellen, der Putins Gegner finanziell unterstützte, und forderten die Auslieferung. Die Briten widersetzten sich und gewährten ihm zum Ärger Moskaus politisches Asyl.