Korruptionsprozess geblockt Brasiliens Präsident rettet sein Amt - vorerst

Brasilia (dpa) - Trotz schwerwiegender Korruptionsvorwürfe bleibt der brasilianische Präsident Michel Temer vorerst im Amt. Er überstand am Mittwochabend (Ortszeit) eine entscheidende Abstimmung im Parlament.

Foto: dpa

Entschieden wurde über einen Antrag des Obersten Gerichtshofs, eine Anklage zuzulassen - dann wäre der Weg für einen Strafprozess frei gewesen. Doch die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit kam nicht zustande.

Am Ende stimmten 263 Abgeordnete gegen den Prozess, 227 stimmten dafür. Wäre die Mehrheit erreicht worden, wäre Temer für 180 Tage suspendiert worden. Danach hätte ihm die Amtsenthebung gedroht.

Er ist Nachfolger von Dilma Rousseff, die 2016 auf Betreiben Temers, der die Koalition mit ihr platzen ließ, des Amtes enthoben worden war. Als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte des fünftgrößten Landes der Welt war der 76-Jährige während seiner Amtszeit wegen Korruptionsverdachts vom Generalstaatsanwalt angeklagt worden.

Temer zeigte sich erleichtert. „Wir müssen die Mauern abbauen, die uns trennen.“ Das Land brauche rasche Reformen, um aus der Krise zu kommen. Im Abgeordnetenhaus kam es zuvor zu Handgreiflichkeiten - die lange regierende linke Arbeiterpartei (PT) hat Temers Rolle bei der Absetzung von Rouseff, die er der durch den Bruch mit ihr forciert hatte, nicht vergessen. Temer soll jahrelang Schmiergelder für seine Partei PMDB von dem Unternehmer Joesley Batista kassiert haben.

Der Besitzer des größten Fleischkonzerns der Welt, JBS, hatte mit dem Präsidenten gebrochen und bei der Justiz ausgepackt, er nannte das Votum „eine Stunde der Schande“. Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot hatte nach Batistas Aussagen Temer angeklagt, Schmiergeldzahlungen akzeptiert und im Gegenzug für JBS bei der Wettbewerbsbehörde interveniert zu haben. Als Beweis legte er Fotos vor, auf denen zu sehen sein soll, wie Temers Vertrauter Rocha Loures von einem JBS-Direktor einen Geldkoffer mit rund 150 000 Euro entgegennimmt.

Janot hat weitere Anklagen angekündigt, etwa wegen Behinderung der Justizarbeit - dann müsste das Parlament erneut abstimmen. Temers Beliebtheit liegt nur noch bei fünf Prozent, die Amtszeit endet Ende 2018. Wenn er öffentlich auftritt, wird er immer ausgepfiffen. Beim G20-Gipfel in Hamburg hatte er Anfang Juli zudem kein einziges bilaterales Treffen mit einem anderen Staats- oder Regierungschef. Auch andere Reisen verliefen zuletzt eher unglücklich. So sprach Temer den norwegischen König Harald V. als „König von Schweden“ an.

Über 100 Abgeordnete soll der konservative Temer in Gesprächen um Unterstützung gebeten und Hilfe bei bestimmten Gesetzesinitiativen und Projekten zugesichert haben. Dabei sei es allein zwischen Juni und Juli um Unterstützungssummen von sechs Millionen Dollar gegangen, berichtete die Zeitung „Estadao“. Die linke Arbeiterpartei warf dem 76-Jährigen vor, für den Amtsverbleib Stimmen gekauft zu haben.

Die diversen Korruptionsfälle lähmen das fünftgrößte Land der Welt. Nach der tiefsten Rezession der Geschichte gibt es zwar Zeichen der Besserung, aber rund 13,5 Millionen Menschen sind arbeitslos.