Breivik: Massenmord war „Notwehr“ gegen Zuwanderung

Die Ermordung von 77 Menschen hält er für notwendige „Notwehr“ gegen Zuwanderer: Der norwegische Massenmörder Anders Breivik hat einen Gerichtstermin für abstruse Rechtfertigungsversuche genutzt.

Der Rechtsrdadikale ließ sich willig fotografieren und filmen.

Kopenhagen/Oslo (dpa) - Mit einem versuchten Nazi-Gruß und grotesken Äußerungen über angebliche „Notwehr“ hat sich der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik vor Gericht zu seinen Anschlägen mit 77 Toten bekannt. Bei einem Haftprüfungstermin in Oslo verlangte der 32- Jährige am Montag seine sofortige Freilassung und auch noch die Nominierung für einen Kriegsorden des norwegischen Militärs.

Zur Ermordung von acht Menschen durch eine Bombe in Oslo und 69 fast durchweg jugendlichen Opfern auf der Insel Utøya sagte er vor der Haftrichterin: „Ich verlange meine sofortige Freilassung, weil ich in Notwehr im Namen meines Volkes meiner Kultur meiner Religion, meiner Stadt und meines Landes gehandelt habe.“

Zu dem Haftprüfungstermin hatten sich 160 Medienvertreter und knapp hundert Hinterbliebene von Opfern sowie Überlebende als Zuhörer eingefunden. Beim Betreten des Saales in dunklem Anzug und Schlips sowie Handschellen lächelte der Attentäter und hob seine Arme zu einer Art Gruß Richtung Zuhörer und Medien. Sein Verteidiger Geir Lippestad gab später an, das sei der „Versuch zu einem rechtsextremistischen Gruß“ gewesen.

Die 18-jährige Anette Davidsen, Überlebende von Utøya und Zuhörerin im Gerichtssaal, sagte der Nachrichtenagentur NTB über ihre Reaktion: „Als er hereinkam und uns anlächelte, war es sehr schwer. Er hat ja gezeigt, wie stolz er auf seine Tat ist und nichts bereut.“

Die Richterin Wenche Fliflet Gjelsten verlängerte die Untersuchungshaft bis zur Prozesseröffnung am 16. April. Teilweise unter Gelächter der Zuhörer las der von zwei Rechtspsychiatern für unzurechnungsfähig erklärte Breivik seine vorbereitete Erklärung vor. Darin hieß es nach einer Mitschrift von NTB: „Die Angriffe gegen das (Osloer) Regierungsviertel und die (sozialdemokratische) Arbeiterpartei waren vorbeugend gegen diese Landesverräter.“

Fast alle Opfer bei Breiviks Massaker auf Utøya waren aktiv bei der Jugendorganisation der Sozialdemokraten. Zur Politik dieser Partei meinte Breivik: „Ergebnis dieser Politik wird sein, dass Norwegens Urbevölkerung, die ethnischen Norweger, in Oslo in zehn Jahren eine Minderheit sein wird.

Der erklärtermaßen an öffentlicher Aufmerksamkeit interessierte Attentäter hatte vorab sein Einverständnis gegeben, dass Fotografen und TV-Teams ihn erstmals öffentlich ablichten durften. Norwegens größte TV-Sender übertrugen live, wie Breivik den Gerichtssaal betrat. Internetmedien ließen ihre Reporter direkt und nach Möglichkeit wörtlich aus dem Gerichtssaal wiedergeben, was der Attentäter dort äußerte.

Die norwegische Polizei teilte ebenfalls in Oslo mit, dass sie ihre Nachforschungen zu dem beispiellosen Verbrechen im Wesentlichen abgeschlossen habe. Unter anderen habe sie den auskunftsfreudigen Täter insgesamt 170 Stunden verhört. Die Zahl verhörter Zeugen gab die Polizei mit 1700 an.