Brexit-Debatte Britisches Parlament stimmt über Neuwahl ab

London (dpa) - Das britische Parlament stimmt heute über eine vorgezogene Neuwahl abstimmen. Die Abgeordneten sollen am Nachmittag ihre Stimme abgeben. Premierministerin Theresa May will sich mit der Neuwahl Rückhalt für die Brexit-Verhandlungen sichern.

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Das Parlament sei uneins über den geplanten EU-Austritt ihres Landes, begründete May ihren Schritt. Die Neuwahl soll am 8. Juni stattfinden. Dafür benötigt May am Mittwoch eine Zweidrittelmehrheit im Unterhaus. Das Parlament würde dann am 3. Mai aufgelöst.

Abgestimmt wird erst gegen 15.20 Uhr (MESZ). Zunächst werden die Abgeordneten im Unterhaus ab circa 13.50 Uhr etwa 90 Minuten lang über die geplante Neuwahl debattieren.

Ihr Vorhaben hatte May erst am Dienstag bekanntgegeben. Danach telefonierte sie unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Donald Trump und EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Die Konservativen um May lagen in den jüngsten Umfragen weit vor der oppositionellen Labour-Partei. Dass es nach der Wahl noch einen Rückzieher vom Brexit geben könnte, gilt als ausgeschlossen.

Der umstrittene Oppositionschef Jeremy Corbyn signalisierte bereits, dass die Labour-Fraktion am Mittwoch für die Neuwahl stimmen werde. Damit wäre May die notwendige Mehrheit sicher. Labour dürfte davon kaum profitieren. Am Dienstag gab es wieder Forderungen aus der völlig zerstrittenen Partei, Corbyn als Labourchef abzulösen.

68 Prozent der Briten begrüßten in einer Umfrage von Sky Data die angestrebte Neuwahl. Nur etwa ein Viertel hält sie für falsch. Sechs Prozent der 1003 Befragten waren unentschieden.

May wolle im Wahlkampf nicht an TV-Duellen teilnehmen, berichteten britische Medien unter Berufung auf Regierungskreise. Dafür gab es heftige Kritik von der Opposition und Nachrichtensendern.

In Brüssel befürchtet man bei den anstehenden Brexit-Verhandlungen keine Verzögerungen durch die Wahl, wie der Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk auf Anfrage sagte. Die detaillierten Verhandlungsleitlinien für die EU-Kommission sollten am 22. Mai vorliegen, danach könnten die Gespräche mit London beginnen.

May hatte eine vorgezogene Neuwahl bislang ausgeschlossen. Die Premierministerin musste sich aber immer wieder gegen Vorwürfe wehren, sie habe kein Mandat. Sie hatte das Amt des Premiers nach dem Brexit-Votum von David Cameron übernommen. Die Briten hatten sich am 23. Juni 2016 in einem Volksentscheid mit knapper Mehrheit für einen Ausstieg aus der EU ausgesprochen.

Erst Ende März hatte May offiziell die Austrittserklärung ihres Landes aus der EU vorgelegt. Dem Vertrag von Lissabon zufolge hat die britische Regierung zwei Jahre Zeit für die Austrittsgespräche. Diese Frist läuft im März 2019 ab. May hatte einen harten Kurs für die Verhandlungen mit Brüssel angekündigt. Das Land soll sowohl den Europäischen Binnenmarkt als auch die Zollunion verlassen.

Die deutsche Bundesregierung rechnet nicht damit, dass die Parlamentswahl in Großbritannien die Verhandlungen über den britischen EU-Austritt beeinträchtigen wird. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe nach der Neuwahl-Ankündigung am Dienstag mit der britischen Premierministerin Theresa May telefoniert, berichtete die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. „Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Verhandlungen ungestört fortgesetzt werden können“, sagte sie. May hatte die Neuwahl überraschend für den 8. Juni angekündigt. Damit will sie sich Rückendeckung für die Brexit-Verhandlungen sichern.

Der EU-Austritt der Briten könnte zu einer Zersplitterung des Königreichs führen. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon kündigte im Streit über den Brexit bereits ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum an. Die Schotten hätten nun eine weitere Möglichkeit, die spaltende Politik der Konservativen zurückzuweisen, sagte Sturgeon.

Nordirland steckt in einer Regierungskrise, deren Ende nicht abzusehen ist. Es ist durchaus möglich, dass die Ex-Bürgerkriegsregion künftig wieder direkt aus London regiert wird. Die katholische pro-republikanische Sinn-Fein-Partei hatte bereits ein Referendum über die Vereinigung mit der Republik Irland gefordert.