Bürgerkrieg in Syrien: Ungleichgewicht der Angst
Zwei Jahre nach dem Beginn des Aufstands in Syrien sucht die Welt noch immer nach einer politischen Lösung für den Konflikt.
Damaskus. „Befürworten Sie im syrischen Bürgerkrieg eine militärische oder eine politische Lösung?“, ist eine beliebte Streitfrage unter arabischen Diplomaten. Viele Syrer wären schon zufrieden, wenn sich überhaupt eine Lösung für den heute auf den Tag genau seit zwei Jahren andauernden Konflikt zwischen dem Regime von Präsident Baschar al-Assad und seinen Gegnern abzeichnen würde.
„Beide Seiten glauben jetzt, dass dieser Konflikt letztlich militärisch entschieden wird“, sagt Abderrahman al-Hadsch. Der syrische Regimegegner lebt in Malaysia und hält sich zu Beratungen mit anderen Oppositionellen in der türkischen Provinzstadt Gaziantep auf.
In der Frage, ob Friedensverhandlungen möglich sind, drehen sich die Konfliktparteien im Kreis — und mit ihnen die verschiedenen Staaten, die eine der beiden Parteien unterstützen. Auf der Seite des Assad-Regimes sind das vor allem Russland und der Iran. Die Opposition stützt sich auf Katar, Saudi-Arabien, die Türkei, Frankreich und die USA.
Die Opposition hat zwar ihre Bereitschaft bekundet, mit handverlesenen Vertretern des Regimes zu verhandeln. Doch nur unter der Bedingung, dass Assad zurücktritt. Der Präsident, der in Interviews immer noch scherzt, während täglich Hunderte sterben, denkt jedoch gar nicht daran, seine Macht zu opfern. Er bietet zwar auch Verhandlungen an. Doch vorher sollen die Rebellen ihre Waffen abgeben, was diese rundheraus ablehnen.
Als in Damaskus vor zwei Jahren die ersten Demonstranten auf die Straße gingen, wurden sie von der Polizei niedergeknüppelt. Drei Tage später fielen in der Provinzstadt Daraa Schüsse.
Das Regime antwortete damals auf Sprechchöre und regierungsfeindliche Graffiti mit Heckenschützen und Folter. Bis heute herrscht ein Ungleichgewicht des Schreckens und der Angst. Nur die Waffen sind mittlerweile andere, und auch die Regimegegner haben seither Menschenrechtsverletzungen begangen.
Die Rebellen haben sich automatische Waffen, Panzerfäuste und Boden-Luft-Flugabwehrsysteme beschafft. Die Armee setzt ihrerseits Artillerie und Kampfjets ein. Auf der Seite des Regimes sind, wenn auch nicht flächendeckend, Kämpfer der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah und Militärberater aus dem Iran im Einsatz.
Angeblich sollen sich auch schiitische Milizionäre aus dem Irak ins Nachbarland aufgemacht haben. Die Rebellen haben ihrerseits Unterstützung von arabischen Kämpfern erhalten. Die meisten sind Islamisten, für die der syrische Bürgerkrieg eine weitere Front im globalen „Dschihad“ ist.
Damit ist aus der Propagandalüge des Assad-Regimes, das den friedlichen Aufstand im März 2011 als Verschwörung militanter Islamisten diskreditiert hatte, zumindest teilweise Realität geworden. Die internationale Diplomatie tritt seit Beginn der Krise auf der Stelle.
Der UN-Sicherheitsrat ist durch das Veto von China und Russland nicht handlungsfähig. Schätzungsweise 72 000 Menschen sind seit März 2011 getötet worden. Mehr als eine Million Syrer wurden zu Flüchtlingen und heimatlos.