Chef von Südkoreas Regierungspartei besucht Norden
Seoul (dpa) - Der Vorsitzende der südkoreanischen Regierungspartei (GNP) will Präsident Lee Myung Bak zu größerer Nachgiebigkeit gegenüber dem kommunistischen Nordkorea bewegen.
Er wolle versuchen, dass die Regierung in Seoul ihr Prinzip eines strikten wechselseitigen Gebens und Nehmens durch eine „flexible Wechselseitigkeit“ ersetze, sagte GNP-Chef Hong Joon Pyo am Freitag nach dem Besuch in einem gemeinsamen Industriepark im Nachbarland. Nordkorea hatte trotz der Spannungen mit Südkorea dem Besuch Hongs vorher zugestimmt.
So wolle er mit der Regierung über eine Lockerung der Sanktionen gegen Nordkorea diskutieren, wurde Hong vom Rundfunksender KBS zitiert. Das Regime in Pjöngjang rief er zugleich auf, seine Haltung gegenüber Seoul zu ändern, um die derzeit festgefahrene Situation zu überwinden. Nordkoreanische Regierungsvertreter hatte Hong während seines Besuchs des Gewerbeparks in der Grenzstadt Kaesong nicht getroffen.
Hong besichtigte Fabriken und traf sich mit Unternehmern. In dem Komplex arbeiten mehr als 45 000 niedrig bezahlte nordkoreanische Arbeiter für rund 120, meist mittelständische Unternehmen aus Südkorea. Hong sagte, er wolle sich bei der Regierung in Seoul für mehr Freiheiten der in Kaesong produzierenden Unternehmen einsetzen.
Hongs Reise war nach zaghaften Annäherungsversuchen in den vergangenen Monaten zwischen beiden Ländern zustande gekommen. Seoul hatte unter anderem wieder Vertretern von Hilfsorganisationen die Reise nach Nordkorea erlaubt. Auch trafen sich Unterhändler beider Länder im Juli und im September, um über eine Wiederaufnahme der Mehrparteiengespräche über das nordkoreanische Atomprogramm zu reden.
Nach dem Untergang eines seiner Marineschiffe im März 2010 hatte Südkorea Strafmaßnahmen gegen Pjöngjang verhängt. Seoul macht den Norden für den Vorfall verantwortlich, durch den sich die Spannungen verschärft hatten. Im November hatte Nordkoreas Küstenartillerie eine südkoreanische Insel beschossen. Bei beiden Zwischenfällen waren insgesamt 50 Menschen ums Leben gekommen. Den Betrieb des Industrieparks hatten beide Länder, von einzelnen Unterbrechungen abgesehen, weiterlaufen lassen.