China steigert Militärausgaben kräftig
Peking (dpa) - Mitten in den Spannungen mit seinen Nachbarn rüstet China kräftig auf. Die Militärausgaben steigen in diesem Jahr wieder überdurchschnittlich stark um 10,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
„Wir müssen die Modernisierung der Landesverteidigung und der Armee beschleunigt vorantreiben“.
Das forderte Regierungschef Wen Jiabao zum Auftakt der Jahrestagung des Volkskongresses am Dienstag in Peking. China müsse seine Souveränität, Sicherheit und territoriale Integrität „entschieden wahren“.
Insgesamt soll die Wirtschaft in diesem Jahr durch massive staatliche Investitionen angekurbelt werden. Wegen der Krise in anderen Erdteilen peilt die Regierung wie im Vorjahr nur ein Wachstum von 7,5 Prozent an. Wen Jiabao sprach von einem Ziel, für das „hart gearbeitet“ werden müsse. Im vergangenen Jahr waren 7,8 Prozent erreicht worden. Wegen der schwachen Nachfrage im schuldengeplagten Europa und in den USA dürfte sich der Außenhandel nur wenig erholen.
Nach einem realen Zuwachs um 11,6 Prozent im Vorjahr klettert der offizielle Militäretat in diesem Jahr auf 720 Milliarden Yuan (88,7 Milliarden Euro). Die Aufrüstung der selbstbewusster auftretenden asiatischen Großmacht China wird in der Region mit Sorge beobachtet. Mit Japan und anderen Nachbarn streitet China um Inseln und Rohstoffvorkommen im Ost- und Südchinesischen Meer. Seit dem Sommer ist besonders der Streit mit Japan um die chinesisch Diaoyu und japanisch Senkaku genannte Inselgruppe eskaliert.
Vier Monate nach dem Generationswechsel in der Parteiführung wird auf der Sitzung des Volkskongresses bis zum 17. März die Regierung verjüngt und umgebaut. Der weiter zweistellige Zuwachs der Militärausgaben trotz langsameren Wirtschaftswachstums wurde auch als Versuch der neuen Führer gewertet, das Militär hinter sich zu scharen. Seit seinem Amtsantritt im November hatte der neue Parteichef Xi Jinping (59) wiederholt die Streitkräfte besucht, um seine Position als Oberkommandierender zu festigen.
Der neue „starke Mann“ wird auf der Sitzung des Volkskongresses bis 17. März auch das Präsidentenamt von seinem zehn Jahre älteren Vorgänger Hu Jinto übernehmen. Xi Jinping leitet eine Arbeitsgruppe, die direkt die neu aufgenommenen Patrouillen chinesischer Schiffe und Flugzeuge um die Inselgruppe im Ostchinesischen Meer beaufsichtigt. Westliche Militärexperten warnen, dass Zwischenfälle zwischen beiden Seiten leicht einen militärischen Konflikt auslösen könnten.
Mit seinem Rechenschaftsbericht verabschiedete sich der 70 Jahre alte Regierungschef Wen Jiabao nach zehn Jahren im Amt. Sein Nachfolger soll der 57 Jahre alte Vizepremier Li Keqiang werden. Zum Abschluss zog der Premier eine kritische Bilanz. Chinas Wirtschaft entwickele sich unausgewogen und unkoordiniert, meinte Wen Jiabao. Die Einkommensunterschiede sowie die Kluft zwischen Stadt und Land seien groß. „Soziale Probleme haben deutlich zugenommen.“
Nach dem dichten Smog in Peking und anderen Städten versprach Wen Jiabao mehr Anstrengungen im Umweltschutz durch die neue Regierung. Die Probleme mit der „ernsten Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden“ müssten energisch gelöst werden, sagte der Ministerpräsident. Wie die US-Botschaft warnte, erreichte die Luft in der Hauptstadt zum Sitzungsauftakt wieder „sehr ungesunde“ Schadstoffwerte.
Die Jahrestagung des nicht frei gewählten chinesischen Parlaments war von starken Sicherheitsmaßnahmen begleitet, um Proteste oder Zwischenfälle zu verhindern. Polizeieinheiten aus Nachbarprovinzen waren nach Peking verlegt worden, um die Sicherheitskräfte zu unterstützen. Im Vorfeld hatte es Appelle gegeben, die Menschenrechte zu verbessern oder das System der ohne Gerichtsverfahren bis zu drei Jahre angeordneten Umerziehungshaft abzuschaffen.