Ein Jahr Südsudan — unerfüllte Hoffnungen

Der Streit um den Grenzverlauf und das Öl belasten die Beziehungen zum Nachbarn Sudan.

Juba. Als im Januar 2011 bei einem Referendum fast 99 Prozent der Südsudanesen für die Unabhängigkeit vom Sudan stimmten, waren die Hoffnungen groß. Am 9. Juli war es dann soweit: Der Südsudan erklärte sich unabhängig. Auch heute noch sind die Menschen stolz darauf. Doch Bodo Immink, zuständiger Landesleiter der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), stellt klar, dass sich noch nicht alle Hoffnungen der Südsudanesen erfüllt haben.

„Nach wie vor sind die Armutsindikatoren im regionalen Vergleich besorgniserregend“, sagt Immink. Auch die Beziehungen zum Sudan seien weiter angespannt. Dabei kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Kampfhandlungen. Das Auswärtige Amt rät deswegen von Reisen in den Südsudan ab.

Hauptproblem ist der Erdölexport, der dem krisengeschüttelten Land auf die Beine helfen sollte. Im ersten Staatshaushalt verließ sich die Regierung zu 98 Prozent auf Einnahmen aus diesem Geschäft — ein schwerer Fehler.

Im Januar entschloss sich die Regierung von Präsident Salva Kiir, die Ölförderung komplett einzustellen. Denn der ungeliebte Nachbar Sudan hatte südsudanesisches Öl einbehalten. Der junge Staat nutzt bislang ausschließlich sudanesische Pipelines für die Ölexporte. Die Entwicklung eines alternativen Transportwegs dürfte Jahre dauern.

Die Entscheidung zum Förderstopp war für den Südsudan mit seinen riesigen Ölreserven ein schmerzhafter Schritt. Die Regierung kürzte den Staatshaushalt um drei Viertel im Vergleich zu diesem Jahr. Dabei leiden schon jetzt die Menschen größte Not.

Weiter ungelöst sind die Grenzstreitigkeiten mit dem Sudan. Truppen beider Länder kämpfen um die umstrittenen Landstriche. Seit Mitte 2011 haben Hunderttausende Südsudanesen aus Furcht vor Gewalt ihre Heimat verlassen. Hilfsorganisationen berichten, der Sudan setze seine Luftwaffe ein und bombardiere Flüchtlingslager.

Immink zufolge ist eine Einigung für beide Staaten überlebenswichtig. Es soll Regierungsgespräche geben, vermittelt durch die Afrikanische Union. Aller Probleme zum Trotz wird am Montag erst einmal der Jahrestag der Unabhängigkeit gefeiert.