Erdogan droht mit Geleitschutz für Gaza-Hilfe

Doha/Tel Aviv/Istanbul (dpa) - Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan droht Israel im Streit um die Gaza-Hilfsflotte nun mit einem Einsatz der Marine.

Künftig würden türkische Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet unter den Schutz von Kriegsschiffen gestellt, sagte er am Donnerstag dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. Der rechtsgerichtete israelische Außenminister Avigdor Lieberman bereitet einem Zeitungsbericht zufolge scharfe Reaktionen auf die Ankündigung vor.

„Wir haben humanitäre Hilfe, die dorthin geschickt werden soll. Und unsere humanitäre Hilfe wird nicht mehr angegriffen, wie es bei der Mavi Marmara geschehen ist“, erklärte Erdogan. Er bezog sich dabei auf den israelischen Militäreinsatz gegen das türkische Gaza-Hilfsschiff „Mavi Marmara“, bei dem im vergangenen Jahr neun türkische Aktivisten getötet worden waren. Aktuell sind aber keine Hilfsfahrten über das Mittelmeer in Vorbereitung.

Die Türkei werde die internationalen Gewässer genau beobachten. Der türkische Regierungschef sagte weiter, man habe außerdem Schritte unternommen, um eine einseitige Ausbeutung der natürlichen Ressourcen im östlichen Mittelmeer durch Israel zu unterbinden. Details nannte er nicht.

Offiziell wollte das Außenministerium in Jerusalem Erdogans Worte am Freitag nicht kommentieren. Unter der Überschrift „Israel wird Türkei 'bestrafen'“, schreibt die Zeitung „Jediot Achronot“ unter Berufung auf Informationen aus dem Ministerium, Lieberman erwäge Treffen mit Vertretern der armenischen Lobby in den USA. Dabei könne es darum gehen, wie Israel das Bestreben der Armenier unterstützen könne, den Tod von geschätzten 1,5 Millionen Armeniern unter dem Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs zum Völkermord erklären zu lassen.

Außerdem plane Lieberman Treffen mit Führern der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in Europa, bei denen diese Israel um Militärhilfe gegen die Türken bitten könnten. Auch dies dürfte in der Türkei große Empörung auslösen. Israel könne auch eine internationale Kampagne gegen die Türkei wegen der Unterdrückung von Minderheiten starten.

Die Beziehungen zwischen der Türkei und Israel sind seit dem Einsatz auf der „Mavi Marmara“ am 31. Mai 2010 schwer belastet. Israel hatte den Verlust von Menschenleben zwar bedauert, die von Ankara geforderte förmliche Entschuldigung aber abgelehnt. Als Begründung wurde angeführt, dass die israelischen Elitesoldaten beim Entern des Schiffes zur Selbstverteidigung Gewalt hätten anwenden müssen.

Für zusätzliche Spannungen hatte in der vergangenen Woche das Bekanntwerden eines UN-Berichts gesorgt. Darin wird Israel zwar überzogene Gewaltanwendung bei dem Einsatz auf der „Mavi Marmara“ vorgeworfen. Die Seeblockade des Gazastreifens und ihre notfalls auch gewaltsame Durchsetzung generell wird aber als rechtens dargestellt. Die Türkei hatte daraufhin den israelischen Botschafter ausgewiesen und alle Militärabkommen mit Israel auf Eis gelegt.